„Ich hätte damals nicht mitgemacht“, denken viele Jugendliche, wenn sie über die Zeit des Nationalsozialismus hören. Edith Aschböck war so eine Jugendliche, die nicht mitmachen wollte.
Edith Aschböck lebt in Wien. Sie war 14 Jahre alt im Jahr 1938 und politisch sehr interessiert. Ihre Eltern und die Geschichtsprofessorin waren gegen Hitler.Den „Einmarsch“ der Hitler-Truppen haben Edith und ihre Familie vor dem Radio erlebt. Der Moderator hat geschildert, wie Massen warten und Linz dem „Führer“ ein Fest bereitet. „In den nächsten Tagen haben wir gelernt zu flüstern“, erzählt Edith Aschböck.
Angezeigt bei der Gestapo
Viele Bekannte waren plötzlich nicht mehr da. Allein in Wien gab es in den ersten Tagen 76.000 Verhaftungen, 60.000 dieser Menschen sind in Konzentrationslager gekommen. Die Klosterschule, die Edith besucht hat, ist geschlossen worden. Sie kam in eine „Oberschule“. Im Oktober 1938 hat Edith ein Spottgedicht über Hitler entdeckt. Mit ihrer Schwester hat sie es vervielfältigt und verteilt. Edith wurde angezeigt und musste zum Verhör. Drei Tage später wurde sie aus der Schule geworfen. Keine Schule in Wien hat sie mehr genommen.
Demonstration
Edith war auch bei der Demonstration der katholischen Jugend am Stephansplatz am 7. Oktober 1938 dabei. Kardinal Innitzer hat die Jugendlichen zu einer Feier in den Stephansdom eingeladen. „Ihr habt nur einen Führer. Dieser Führer heißt Jesus Christus!“, war wohl die bedeutendste Aussage Innitzers an diesem Abend. Die Jugendlichen, darunter Edith, haben danach in Anspielung auf die Rufe der Hitler-Jugend (HJ) vor dem erzbischöflichen Palais gerufen: „Wir wollen unsern Bischof sehen.“ In der Nacht hat die HJ das Palais gestürmt und verwüstet. Der Kardinal konnte flüchten. Ein Priester wurde aus dem Fenster geworfen, er erlitt schwere Verletzungen. Drei Monate später durfte Edith doch wieder zur Schule. Später engagierte sie sich in einer Widerstandsgruppe, die aufflog. Die über 18-Jährigen wurden verhaftet, darunter Ediths Schwester. Sie musste wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ fünf Monate „sitzen“. Die Burschen der Gruppe wurden zu zwei Jahren Haft verurteilt, kamen aber gleich zum Militär. Die Matura hat Edith als „Kriegsmatura“ absolviert: Vier Fächer schriftlich und eine mündliche Prüfung. Auszeichnung hat Edith wegen ihrer Nazi-Kritik keine bekommen, trotz ihrer sehr guten Noten.Sie wollte Mittelschul-Lehrerin werden, durfte aber nicht Lehramt studieren. „Dich mit deiner Vergangenheit lassen wir doch nicht auf Kinder los“, hieß es auf der Universität.
Gut davongekommen
Edith Aschböck weiß, dass sie und ihre Schwester großes Glück gehabt haben: „Also, wenn man bedenkt, was den Geschwistern Scholl passiert ist, sind wir wirklich gut davongekommen.“
Nach der Erzählung dem Heft 1/2002 der Österreichischen Widerstandsbewegung, Reischachstraße 3/8, 1010 Wien. Über „Jugend im Nationalsozialismus“ findet derzeit eine Vortragsreihe in der Arbeiterkammer Linz statt (Festsaal). 14. 11.: „Zukunft, die nicht vergehen will – Jugenderfahrungen in NS-Organisationen und weibliche Lebensentwürfe“; 21. 11.: „Lernen unterm Hakenkreuz – Schule im Linz der NS-Zeit“. Beginn jeweils 19 Uhr, Eintritt frei.