Nicht wenige Söhne tragen ihrem Vater irgendetwas nach. Manchmal sind es einzelne Ereignisse, Verletzungen, Demütigungen. Manche Männer schleppen ein Grundgefühl von Wut und Hass gegenüber ihrem Vater mit sich. Dieser Hass wurzelt oft in der Trauer über den Mangel an Kontakt und Liebe.
Ausgabe: 2016/15, Vater-Sohn-Beziehung
12.04.2016 - Albert A. Feldkircher
Vielleicht finden viele Männer es deshalb unangenehm, über und mit ihrem Vater zu reden. Und das ist schade, weil sie sich dadurch von der eigenen Wurzel abschneiden. Einer Schätzung zufolge sprechen 30 Prozent der heutigen Männer überhaupt nicht mehr mit ihrem Vater. Weitere 30 Prozent haben ein gespanntes oder feindseliges Verhältnis zu ihrem Erzeuger. Und 30 Prozent mühen sich redlich, ein guter Sohn zu sein, und sprechen mit ihrem Vater bestenfalls über das neue Computerprogramm. Weniger als zehn Prozent der Männer sind mit ihrem Vater befreundet und sehen in ihm eine seelische Stütze. Fast paradox dazu mutet der immer deutlichere Ruf nach dem Vater in unserer Gesellschaft, in unseren Familien, an. Oder ist gerade deshalb die Sehnsucht nach dem Vater, nach dem Väterlichen, so groß?
Wege zum Vater
Es gibt viele Möglichkeiten, mit dem eigenen Vater ins Reine zu kommen. Wenn Ihr Vater noch lebt, suchen Sie das Gespräch mit ihm. Wenn Sie sich davor auch scheuen mögen, denken Sie daran: Jeder Vater, egal wie kritisch oder gleichgültig er nach außen hin auch erscheinen mag, wartet sein Leben lang insgeheim darauf zu erfahren, ob sein Sohn ihn liebt und achtet. Machen Sie einen Spaziergang mit ihm, unternehmen Sie etwas mit ihm, was er gerne tut. Lassen Sie ihn über sein Leben erzählen. Und erzählen Sie ihm, was Sie Gutes von ihm erfahren haben – und was Sie noch belastet. Erinnerungen lebendig machen. Auch wenn Ihr Vater schon tot ist, können Sie mit ihm ins Reine kommen: – Schreiben Sie ihm einen Brief, als wäre er noch am Leben. – Besuchen Sie die wichtigsten Schauplätze seines Lebens. – Sprechen Sie mit Leuten, die Ihren Vater kannten, die etwas über ihn wissen könnten. – Beschäftigen Sie sich mit Ihrem Familien-Stammbaum. – Nehmen Sie sich vor, von ihm zu träumen. – Sprechen Sie mit einem männlichen Therapeuten über ihn, um so ihre Gefühle und Erinnerungen zu reaktivieren, neu einzuordnen. Vielleicht entschließen Sie sich zu einer Familienaufstellung oder einem „Ahnendrama“ mit einem guten Therapeuten.
Vater und Sohn in der Bibel
Die Bibel zeigt uns in der eindrucksvollen Geschichte vom „Verlorenen Sohn“ eine Versöhnung zwischen Vater und Sohn. Lesen Sie diese Geschichte – auch wenn Sie sonst nicht bibelkundig sind – mindestens drei Mal. Stellen Sie sich vor, wie Sie als Sohn, als Vater, als Bruder gehandelt hätten.
Vergeben befreit
Vergeben heißt nicht vergessen oder eine Kränkung verneinen. Vergeben heißt loslassen von Trennendem und wieder Beziehung herstellen. Was immer Sie tun und wie auch immer Sie es angehen: Kommen Sie mit Ihrem Vater ins Reine. Sie tun sich selbst viel Gutes!
Meines Vaters Hände
Albert A. Feldkircher beschreibt in dem Buch seine eigene Vater-Sohn-Geschichte. „Die Versöhnung ist in erster Linie nicht ein ,Gnadenakt‘ gegenüber dem Vater, sondern einer der befreiendsten Schritte für jeden Mann, ein Schritt zum eigenen Mannsein. Wenn ich mein Augenmerk auf die Dinge und Werte richte, die er mir für mein Leben vermittelt hat, erfüllt mich das mit tiefer Dankbarkeit.“
Bei Fragen und Problemen wenden Sie sich an: Beziehung Leben, Partner-, Ehe-, Familien- und Lebensberatung, Kapuzinerstraße 84, 4020 Linz, Tel. 0732/77 36 76.