In betreuten Wohneinrichtungen erhalten Menschen Hilfe, auf die sie angewiesen sind. In Würde zu altern heißt aber auch weitgehend unabhängig und selbstbestimmt leben zu können. Christine Langeder bietet den Bewohner/innen auf ihrem Bauernhof eine gekonnte Mischung aus Pflege und „Ich-selber-sein-Dürfen.“
Die Altenpflegerin hat soeben die Wohnung am gepflegten Bauernhof im Zentrum von Mitterkirchen verlassen. „Ich glaube, die Frau Schwandl ruht sich jetzt ein bisschen aus“, sagt Christine Langeder. Sie ist die Besitzerin des Bauernhofs, in dem zwei Wohnungen für ältere Menschen eingerichtet sind. In einer wohnt seit acht Jahren Christine Schwandl. Vom Bedürfnis nach Ruhe ist ihr nichts anzumerken. „Irgendwas muss man ja tun!“, sagt die 71-Jährige und bekräftigt ihre Einstellung gleich: „Am Nachmittag fahre ich auf einen Ausflug nach Linz.“Nach 40 Jahren war 1998 für Christine Schwandl die Zeit als „Mädchen für alles“ in einem Salzburger Kloster zu Ende. Nach zwei Hüftoperationen und mit Schmerzen in Knie und Wirbelsäule konnte sie ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen. „Da waren wir genau in der Bauphase“, erzählt Christine Langeder. Verwandte machten Frau Schwandl auf die Möglichkeit des betreuten Wohnens auf dem Bauernhof in ihrem Heimatort aufmerksam. Die Salzburger Berge hätten ihr anfangs gefehlt, erzählt die Pensionistin, aber sonst habe sie sich gleich wieder wohlgefühlt in Mitterkirchen.
Alles außer baden. Das ist nicht zuletzt ein Verdienst ihrer „Heimleiterin“. „Wir streiten uns schon zusammen“, sagt Langeder mit einem Augenzwinkern. Gerne hätte sie Frau Schwandl auch als Altenpflegerin betreut, was aber rechtlich nicht möglich war. Deshalb kommt einmal in der Woche eine Betreuerin der mobilen Altenpflege und hilft der unternehmungslustigen Dame beim Baden und bei der Fußpflege. Alles andere macht Christine Schwandl selbst: kochen, putzen, Blumen gießen, zur Kirche gehen. „Wenn ich das nicht mehr selber kann, kann ich gleich zusammenpacken“, meint die 71-Jährige. Einige Wege erledigt sie auch mit dem Rad. „Zuerst hab ich geglaubt, es geht nicht, aber dann habe ich mich aufgerafft.“
Die Augen schonen. Wenn kein Ausflug ansteht, die Böden geschrubbt und alle Blumen gegossen sind, gönnt sich auch Frau Schwandl schließlich die wohlverdiente Ruhe. Dann liest sie Missionszeitschriften, hört Radio Maria und sieht fern. Den Wahlkampf zur Nationalratswahl am 1. Oktober verfolgt sie allerdings nur beiläufig: „Den braucht man sich wirklich nicht anzuschauen, da ist es ja schade um die Augen!“
Zehn Bauern, 17 Wohnungen
Initiiert von Ing. Albert Griesbacher von der Bezirksbauernkammer Perg wurde im Herbst 1996 der Verein „Betreutes Wohnen am Bauernhof“ gegründet. Mehr als zehn Betriebe entschlossen sich, Wohneinheiten für ältere Menschen auf ihrem Hof zu errichten. Derzeit beteiligen sich zehn Bauern mit insgesamt 17 Wohnungen an dem Projekt. Ziel ist es, älteren Menschen eine Wohnform zu bieten, in der sie selbstständig leben können, in der es ihnen aber auch möglich ist, die Pflege und Betreuung zu erhalten, die sie brauchen. Darunter fällt die Hilfe bei Behördengängen ebenso wie bei der Körperpflege und – bei Bedarf – Vollpension.
Ausgebildete Altenbetreuer. „Es ist eine gute Einrichtung für Leute, die einen Bezug zur Landwirtschaft haben, eine Möglichkeit unter vielen“, beschreibt Christine Langeder die Wohnform. Die mitwirkenden Bauern haben eine 1000-stündige Ausbildung zum Altenbetreuer absolviert und sind somit für die Pflege ihrer Mieter/innen befähigt.
Rechtliche Schwierigkeiten. Allerdings stößt diese Regelung mitunter an rechtliche Grenzen: „Ich wollte am Anfang eigentlich auch die Pflege übernehmen“, erzählt Christine Langeder. Dazu hätte es allerdings einer Anstellung beim Roten Kreuz bedurft. „Dann hätte ich zusätzlich noch genauso viele Stunden mobile Altenpflege machen müssen“, sagt Langeder. Die betriebliche Struktur auf ihrem Bauernhof samt Bauernladen hätte das zeitlich aber nicht zugelassen. So beschränkt sie sich auf ihre „beratende Funktion“, die sie ehrenamtlich ausübt. Die Pflege übernimmt eine Pflegerin der mobilen Altenbetreuung.
Betreuungsvertrag. Rund um die Uhr abgesichert sind die Bewohner/innen durch einen Betreuungsvertrag mit dem Sozialhilfeverband, der die Rufhilfe des Roten Kreuzes und zwei Stunden Beratung im Monat inkludiert. Langeder: „Einmal im Monat kommt jemand vom Sozialhilfeverband – eine Kontrolle für uns, Sicherheit für die Bewohner.“
Mit den besonderen Wohnbedürfnissen älterer Menschen beschäftigt sich auch der Caritas-Kongress „vorBauen“: Kongress: „vorBauen: Wohnen im Alter – Bauen fürs Alter“; Do., 28. 9. (9.30 Uhr) bis Fr., 29. 9. (14 Uhr), Fachhochschule Linz, Garnisonstraße 1. Information: Caritas OÖ, Tel. 0732/76 10-20 50.