Ausgabe: 2008/43, Holocaust, Hosková, Ghetto, Theresienstadt, Kinder, Terror, Tod
22.10.2008 - Paul Stütz
Die Holocaust-Zeitzeugin Helga Weissová-Hosková erzählte Steyrer Schüler/innen über ihren Aufenthalt im Ghetto Theresienstadt und wie sie als eines der wenigen Kinder überlebt hat.
„Ich bin nicht aus Spaß hier“, beginnt Helga Weissová-Hosková an diesem Montagmorgen ihren Vortrag. Die 79-jährige Künstlerin und Holocaust-Zeitzeugin aus Prag berichtet vom Alltag im jüdischen Ghetto Theresienstadt, weil es ihr wichtig ist, gegen das kollektive Vergessen zu kämpfen. Und zu mahnen, damit „wir von der Vergangenheit für die Zukunft lernen“.
Terror und Tod. Helga Weissová-Hosková wurde im Dezember 1941 mit 12 Jahren in das 60 Kilometer nördlich von Prag gelegene Ghetto deportiert. Dort, wo die Nazis während des Zweiten Weltkriegs 140.000 Menschen auf engsten Raum zusammenpferchten. Wo von 15.000 Kindern nicht einmal 150 überlebten. Die nüchternen Zahlen lassen das schreckliche Leben in Theresienstadt nur erahnen. Was es wirklich bedeutete, weiß Helga Weissová-Hosková. In Theresienstadt herrschten Angst, Terror und der Tod. „Es war eine schreckliche Welt für sich. Wir hatten überhaupt keinen Kontakt nach außen“, sagt sie. Verboten war alles, was schön sein hätte können, etwa Radio, Musikinstrumente, Haustiere, Spiele. Die Gefangenen durften nur Deutsch sprechen, ein Grund warum ihr diese Sprache lange Zeit verhasst war. Erst seit wenigen Jahren spricht sie wieder Deutsch, so wie auch heute im Dominikanerhaus. „Zeichne, was du siehst“ forderte ihr Vater sie damals auf, den Alltag im Ghetto in Zeichnungen festzuhalten. Helga Weissová-Hosková zeichnete ihre rund 100 Bilder aus Theresienstadt unter der ständigen Gefahr erwischt zu werden. Die Nazis brachten alle um, die sie beim Dokumentieren der wahren Zustände erwischten. Die Bilder zeigen den menschenverachtenden Zynismus der Nazis, bringen aber auch viel von dem Überlebenswillen der jugendlichen Helga zum Ausdruck.
Hoffnung zu überleben. „Die Kunst hat mir geholfen, Mensch zu bleiben. Und ohne die Hoffnung wäre es nicht gegangen“, meint Weissová-Hosková auf die Frage einer Schülerin, wie sie es geschafft habe, das Ghetto zu überleben. Und: „Ich hatte sehr viel Glück“. Als sie Ende April 1945 nach Mauthausen kam, war der Verbrennungsofen bereits stillgelegt, kurz darauf wurde das Lager befreit. „Glaubt ihr, es bringt etwas, dass ich von damals erzähle?“, fragt sie in die Runde. Die Schüler/innen nicken. Die 17-jährige HLW-Schülerin Marlene Hofer kommt nach dem Vortrag noch zu Helga Weissová-Hosková. „Es ist sehr wichtig, dass Sie gekommen sind. Das wollte ich Ihnen persönlich sagen. Wir wissen noch immer zu wenig über diese Zeit.“ Die Botschaft ist angekommen. Helga Weissová-Hosková wirkt etwas erschöpft, aber auch zufrieden. Sie sagt: „Ich will verhindern, dass sich die Geschichte wiederholt. Es passiert überall, dass Leute gegen Andersdenkende vorgehen. Wir müssen das von Anfang an verhindern“.
AusstellungDie Ausstellung der Zeichnungen von Helga Weissová-Hosková ist noch von 28. Oktober bis 12. November im Dominikanerhaus Steyr zu sehen. Öffnungszeiten: Mo. bis Fr., 9 – 12 Uhr und 14 – 18 Uhr sowie Sa., 9 – 12 Uhr.