In vielen Pfarren haben die mächtigenmechanischen Werke alter Turmuhren ausgedient. Anders ist es in Pfarrkirchen, wo noch immer das alte Räderwerk aus dem Jahr 1910 schlägt. Es ist ein Verdienst des 64-jährigen Pensionisten Rudolf Motz, der die Erhaltung der Turmuhr zu seinem Hobby erkor.
Mit federnden Schritten läuft Ministrant Rudolf über die schmale Holztreppe den Pfarrkirchner Kirchturm nach oben. Die Vorfreude auf die Aufgabe, die nach 90 Stufen auf ihn warte, ist jedes Mal groß. Er darf das metallisch funkelnde Räderwerk der Kirchturmuhr aufziehen. Immer wenn Minuten- und Stundenzeiger still stehen haucht der 13-jährige Rudolf dem jahrhundertealten Werk wieder Leben ein. Oft noch ganz schnell vor dem Beginn des Sonntagsgottesdienstes. Dank seinen flinken Beinen ist er die ideale Besetzung für diese wichtige Aufgabe.
Altes Uhrwerk blieb erhalten. Über 50 Jahre später ist die Ministrantenzeit des mittlerweile 64-jährigen Pensionisten Rudolf Motz längst Geschichte. Geblieben ist ihm aber der Dienst an der Kirchturmuhr. Denn während in den meisten anderen Gemeinden die mechanischen Werke alter Turmuhren ausgedient haben, schlägt in Pfarrkirchen das alte Räderwerk auch im Jahre 2009 wie zu alten Zeiten. „Mit der Kirchturmuhr verbindet mich eine besondere Liebe, es ist wie mein zweiter Beruf“, erzählt der pensionierte Tischler, während er die Turmstiege hochsteigt. Die großen Temperaturunterschiede der letzten Tage haben das Räderwerk und den Glockenschlag verstellt. „Die Uhr läuft am letzten Zacken“, sagt er nach der Begutachtung. Auf ihn kommt in den nächsten Tagen wohl einiges an Arbeit zu. Um einen Fehler zu finden, muss er das Werk und seine Funktionen alle Viertelstunde beobachten. „Einfach weiterdrehen, wie bei einer anderen Uhr, geht nicht.“
Erleichterung der Arbeit. Froh ist Rudolf Motz da, dass seine Aufgabe Anfang der achtziger Jahre etwas erleichtert wurde. Damals wurde das Werk um eine elektromechanische Aufziehvorrichtung ergänzt. „Dennoch: Bei der Wartung braucht man manchmal viel Zeit und Geduld“, erzählt Motz und blickt versonnen auf den Anker, der beim Räderwerk im Takt schwingt. „Es hat schon etwas sehr Beruhigendes.“
Keine Sekunden, keine Hektik. Tatsächlich vermittelt das Räderwerk in der Einsamkeit des Kirchengemäuers ein angenehmes Zeitgefühl. So wie der alten Turmuhr ist dem Pensionisten übertriebene Eile fremd. Motz: „Von Uhren lasse ich mich nicht treiben. Und eine Sekundenpünktlichkeit gibt es hier einfach nicht.“ Gehetzt fühlt er sich auch nicht, wenn ihn Bewohner von Pfarrkirchen anrufen, um ihm zu sagen, dass die Uhr stehengeblieben ist. Für sie ist der Pfarrkirchner Kirchturm einfach untrennbar mit seinem Namen verbunden. Dabei war Rudolf Motz vor fünf Jahren kurz davor, alles hinzuschmeißen: „Bei uns war eine Handystation im Kirchturm im Gespräch, direkt wo ich arbeite. Bei der Strahlung hätte ich mich sehr unwohl gefühlt.“ Der Handymast ist aber nicht gekommen und Rudolf Motz war erleichtert, dass er sein Ehrenamt in gewohnter Weise fortführen konnte. Und so kann der Pensionist immer noch Interessierte in den Turm führen und die 100 Jahre alte Mechanik der Pfarrkirchner Kirchturmuhr zeigen. Motz: „Dass ich meinen Dienst in einer der schönsten Dorfkirchen Oberösterreich versehen kann, macht mich sehr stolz.“