Um den im KZ Gusen grausam ermordeten Priester Dr. Johann Gruber einem weiteren Personenkreis bekannt machen zu können, hat der „Papa Gruber“-Fachausschuss der Pfarre St. Georgen an der Gusen eine Broschüre veröffentlicht.
Den Leser/innen der KirchenZeitung ist die Lebensgeschichte des Linzer Priesters und NS-Opfers Dr. Johann Gruber nicht unbekannt. Die noch druckfrische, 56-Seiten starke Broschüre ermöglicht es aber nun genauer als bisher, die herausragende Persönlichkeit Grubers (1889 bis 1944) kennenzulernen, zu der er nicht erst im KZ Gusen geworden ist. Prägend war für Gruber das Studium der Geografie und Geschichte in Wien, wohin Bischof Gföllner den schon in seinen ersten Unterrichtsjahren pädagogisch auffallend begabten jungen Priester geschickt hatte. Dort kam er mit der Reformpädagogik von Otto Glöckel und Maria Montessori in Kontakt, die er begeistert aufgriff: Die Kinder in ihrem Selbstwertgefühl zu fördern stand in schroffem Gegensatz zu der traditionellen Pädagogik, die sich an Züchtigung und Unterordnung orientierte. Seit Gruber 1923 aus Wien zurückkehrte, lebte er in einer seltsamen Situation: Als Lehrer mit Leib und Seele war er bei den Schülern sehr beliebt, mit Schulleitung und Kollegen der Schulen, an denen er unterrichtete, kam es permanent zu Konflikten.
Unterstützung des Bischofs. Interessant ist, dass Bischof Gföllner trotz allem an Gruber festhielt und ihn 1934 zum Direktor der Blindenanstalt in Linz machte, wo er unverzüglich die Einrichtung neu organisierte, was sofort wieder zu Konflikten führte. Er forderte unter anderem von den Kreuzschwestern, die die wirtschaftliche Leitung des Hauses innehatten, bessere Verpflegung für die Zöglinge. Was nützen die langen Gebete, wenn die Kinder dadurch angebranntes Essen bekämen, soll er gesagt haben. Wenige Monate nach dem Einmarsch der Hitlertruppen wird Gruber verhaftet. Ein Lehrerkollege hatte ihn bei den neuen Machthabern vernadert. Schließlich wurde er wegen „reichsschädigender Äußerungen“ und – was ihn besonders traf, weil auf Verleumdung beruhend – wegen „sittlicher Vergehen gegen weibliche Anstaltsinsassen“ des Blindeninstituts verurteilt. Vom Gefängnis in Garsten führte sein Weg ins KZ Dachau und Gusen.
Keine Trennung. Über Grubers Theologie und Spiritualität kan man wegen fehlender Briefe, Predigtmanuskripte und Aufsätze wenig sagen. Wenn man zwischen seinem Priester- und Pädagoge-Sein trennen möchte, würde man eine Unterscheidung konstruieren, die ihm vermutlich völlig fremd wäre. Er hat sich für die ihm anvertrauten jungen Menschen mit seiner ganzen Kraft und seinen Fähigkeiten eingesetzt. Dieses Engagement endete auch nicht, als er selbst KZ-Häftling war. Sein Einsatz im KZ Gusen machte ihn vor allem für die jungen französischen Mitgefangenen zum „Papa Gruber“. „Die Gruber-Suppe“, die er als zusätzliche Nahrung zu organisieren verstand, rettete Unzähligen das Leben.
Die „Gruber-Suppe“. Wie fest er als Priester mit beiden Beinen im Leben stand, hat der französische KZ-Häftling René Dugrand erfahren. Er erzählt, dass Gruber an Häftlinge die Kommunion austeilte und auch er sie empfangen wollte: „Er schaute mich lange und sehr lieb an: In deinem Zustand, in diesem Moment, ist die Suppe wichtiger als die Hostie. Eure Hostie, meine Kinder, es ist eine Rübensuppe.“ Wie Pädagoge und Priester kein Gegensatz ist, so sind auch die „helfenden gegen die gefalteten Hände“ Grubers nicht gegeneinander auszuspielen. Durch nicht geklärte Umstände wurde Grubers Hilfsaktion verraten. Er wurde vom Lagerkommandant Seidler persönlich tagelang gefoltert und am Karfreitag 1944 von ihm ermordet.
Aufhebung des Urteils. Der Fachausschuss „Papa Gruber“ der Pfarre St. Georgen hat eine inhaltsreiche und berührende Broschüre geschaffen. Sie will dazu beitragen, dass der Christ und Märtyrer Johann Gruber nicht in Vergessenheit gerät und auch in den Schulunterricht Eingang findet. Der St. Georgener Fachausschuss überlegt als nächsten Schritt, auf eine Revidierung der Verurteilung Grubers wegen „sittlicher Vergehen“ hinzuwirken. Hinsichtlich der politischen Vergehen wurde das Urteil 1988 aufgehoben. Auch die Sittlichkeitsdelikte sind nicht haltbar, so das Ergebnis der intensiven Befragung von noch lebenden Zeitzeugen. Dieser juristische Weg wird schwierig, sind sich die Mitglieder bewusst. Man fühle aber ein Verpflichtung Gruber gegenüber. Zurzeit wird in der Diözese Linz nicht erwogen, einen Seligsprechungsprozess einzuleiten.
Christ und Märtyrer
- Die Broschüre ist zum Preis von 6 Euro zu beziehen im Behelfsdienst der Diözese Linz, Kapuzinerstraße 84, 4020 Linz, Tel. 0732/76 10-38 13 www.behelfsdienst.at
- Die Broschüre wird am 25. Oktober 2009 um 19 Uhr im Pfarrheim St. Georgen vorgestellt. LH Josef Pühringer sowie die Bischöfe Ludwig Schwarz und Maximilian Aichern haben ihr Kommen zugesagt.