Christsein, ohne Missionar zu sein, ist für Paulus Kenner undenkbar – vor allem hier in Österreich, in einem freien Land. Der aus dem Iran stammende Architekt hat sich in seiner Heimat vom Islam zum Christentum bekehrt und dafür mit Haft gebüßt. Seine Treue zu Christus blieb ungebrochen.
Zweieinhalb Jahre Gefängnis und Folter – der Preis ist hoch, den Paulus Kenner für seinen Glauben bezahlt hat. Hunger, Schläge und Elektroschocks standen an der Tagesordnung. Er ist durch die Hölle gegangen. Er selbst spricht lieber von den Wundern, die ihn überleben und dem Glauben treu bleiben ließen. Der heute 45-jährige Paulus Kenner – seinen persischen Namen hat er aus Sicherheitsgründen abgelegt – wird in eine reiche muslimische Bauunternehmersfamilie Teherans geboren und kann ein sorgloses Leben führen, das aber in der Heroinsucht endet. Durch Zufall – er sagt Wunder – landet er in der Wohnung einer fremden Familie, wo er innerhalb von drei Tagen von seiner Drogenabhängigkeit geheilt wird. Der Mann dieser Familie ist Baptistenpastor einer Untergrundgemeinde. Nach drei Jahren Glaubenseinführung lässt sich Paulus Kenner taufen und wird selbst zum Missionar. Ein Vervielfältungsapparat, den die Polizei bei ihm findet, bringt ihn ins Gefängnis. Seine Mutter kann ihn schließlich freikaufen und ihm, seiner Frau und der Tochter zur Flucht über die Grenze in die Türkei verhelfen. Dort schließt er sich wieder der Baptistengemeinde an, muss weiter nach Bulgarien fliehen und gelangt im Jahr 2000 nach Österreich. Nach langem Hin und Her, die Abschiebung steht mehrmals bevor, bekommt er Asyl. Inzwischen besitzt die ganze Familie die österreichische Staatsbürgerschaft und lebt in Linz.
Unbeirrbarer Glaube. Die Jahre der Haft kann Paulus Kenner nicht hinter sich lassen – körperlich nicht und psychisch nicht. Trotz allem ist er nicht verhärmt: „Ich liebe Christus und glaube an ihn, und wo immer ich kann, rede ich von seiner Liebe.“ Er ist auch fest überzeugt, dass er sein Leben der Gottesmutter Maria zu verdanken hat. Wunder über Wunder hat sie gewirkt, dass er heute mit seiner Familie in Sicherheit leben kann. „Die Mutter Maria schenkt mir Ruhe“, sagt er knapp – vor den immer wiederkehrenden, quälenden Erinnerungen an das Foltergefängnis. Die Verehrung der Mutter Maria, wie er sie bezeichnet, hat ihn auch von der baptistischen in die katholische Kirche geführt.
Apostel Paulus als Vorbild. Dass sich Herr Kenner Paulus nennt, ist kein Zufall. Wie der Völkerapostel möchte auch er Zeugnis von Christus ablegen. Für Kenner, den studierten Architekten, heißt das, eine katholische Homepage in persischer Sprache zu gestalten. Dort finden sich die Grundgebete, der Rosenkranz, kurze Filme, der Text der Bibel und eine Reihe von Elementen, die vom Bibelwerk und von der Homepage der Diözese Linz kommen. Selbstverständlich ist Paulus Kenner – im Auftrag der Diözese – auch bei der Taufvorbereitung von Menschen aus dem Iran, aus Afghanistan und der Türkei engagiert. Zurzeit begleitet er sieben Personen zur Taufe. In diesem Zusammenhang hält der sehr sonst sehr bescheidene Mann mit Kritik nicht zurück: Die katholische Kirche im Land ist ihm zu wenig missionarisch. Die Asylwerber finden für alle ihre Probleme Ansprechpartner – mit Ausnahme von Glaubensfragen. „Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft und ich fange mit den Menschen muslimischen Glaubens sicher keinen Streit an, aber wenn jemand religiös auf der Suche ist, möchte ich ihm von Jesus Christus erzählen.“