Ausgabe: 2010/09, Kritik, Konservative, Buch, Kapitalismus, Finanzmarkt, Politik, Paranoia
03.03.2010
Wieder eines der Bücher, die schonungslos die Ursachen der Krise des Kapitalismus in Gestalt der Finanzmärkte aufzeigen. Eines der Bücher gegen die Globalisierungs-Sünden. Oder doch ein Buch mit anderem Zugang? Robert Misik, ein „linker“ österreichischer Autor, hat es geschrieben, der „Aufbau“-Verlag, einst ein renommierter DDR-Verlag hat es auf den Markt gebracht. Dialektisch deckt Misik scheinbare Widersprüche auf. Konservative beklagen den Werteverfall, gleichzeitig wünschen sie sich ihn, wenn sie von zugewanderten Muslimen fordern, sie müssten sich unseren Werten zuwenden. Misik fragt, wie das gehen soll: Die Muslime sollen sich zu etwas bekennen, was wir verloren haben? „Der Konservative fühlt sich maximal bedroht“, schreibt Misik und nennt es eine „paranoide Angstlust vor dem absoluten Bösen“, die sich in unseren Gesellschaften breitmache. Was immer er beschreibt, es läuft auf eine Diagnose hinaus: „Die Konservativen geben immer die falschen Antworten.“ Sie tun es, wenn sie den Untergang des Abendlandes beklagen, den Achtundsechzigern an allem die Schuld geben, an die Starken glauben, die gewinnen würden, oder wenn sie die Familie lieben, vorausgesetzt es ist keine türkische Großfamilie. Misik schreibt von einer veränderbaren Welt, in der gewinnt, wer am besten kooperiert, nicht wer am besten konkurriert. Das ist übrigens eine These, die auch Christian Felber landauf, landab „predigt“. Ein ideologisches Buch, gewiss, aber Neoliberalismus ist auch ideologisch, Wirtschaftskrisen haben ebenfalls ideologischen Hintergrund. Ein Buch, das zwingt, nachzudenken und – noch schöner – Position zu beziehen.
Politik der Paranoia. Gegen die neuen Konservativen, Robert Misik, Aufbau Verlag, 208 Seiten, 17,95 Euro.