Leopold Engleitner wohnt in seinem Haus in Aigen-Voglhub, Gemeinde St. Wolfgang. Er gibt Zeugnis von seinem Leben und seinem Glauben. An etwa 30 Tagen im Jahr ist er als Zeitzeuge der Unmenschlichkeit des Nationalsozialismus vor allem in Schulen unterwegs.
Leopold Engleitner war während der NS-Zeit 46 Monate in drei Konzentrationslagern. Er ist noch heute als 105-jähriger als Zeitzeuge in Schulen und bei Gedenkveranstaltungen auch im Ausland unterwegs.
Das Haus in Weinbach ist vor dem Zweiten Weltkrieg von Leopld Engleitner gebaut worden. An der Vorderseite steht ein Spruch – ein Bekenntnis von Leopold Engleitner, das sein Leben prägte und von ihm auch sehr viel abverlangte: „Jehova ist mein Hirte.“ Sich vom Hirten behütet wissend, ließ Engleitner unbeschreibliche Brutalitäten überstehen. Wer ihm heute begegnet, staunt, wie viel Optimismus, Freundlichkeit und Fröhlichkeit dieser Mann hat, der so viel Schlimmes durchgemacht hat. Engleitner selbst staunt nicht, denn er weiß – Gott ist an seiner Seite.
Zeitzeuge für eine humane Welt. Was er und seine Glaubensgenossen sowie viele andere erlitten haben, darf – 65 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus – nicht verdrängt werden. So ist Leopold Engleitner, wie andere Zeitzeugen, noch immer viele Tage in Schulen unterwegs. Er legt Zeugnis davon ab, wie vernichtend und brutal Rassismus, Faschismus und Rechtsradikalismus sind. Erst vor zwei Wochen sprach Leopold Engleitner bei einer Gedenkfeier im ehemaligen Konzentrationslager Niederhagen bei Paderborn, einem der drei KZ, in denen er selber geschunden worden ist. Voriges Jahr war er zum dritten Mal in den USA und auch in Moskau legte er 2009 Zeugnis von seinem Glauben und Widerstandsgeist ab.
Abgemagert auf 28 Kilogramm. Leopold Engleitner aus Aigen-Voglhub (Gemeinde St. Wolfgang) tritt 25-jährig aus der katholischen Kirche aus und wird Zeuge Jehovas. Der katholische Ständestaat benachteiligt ihn deswegen. Er wird wegen des Predigtdienstes (die Botschaft von Haus zu Haus verkünden) mehrmals verhaftet. Fünf Jahre lang verweigert man ihm die Arbeitslosenunterstützung. Die schlimmste Verfolgung aber hat er im Nationalsozialismus zu erleiden, weil er sich weigert, seinem Glauben abzuschwören. Im KZ magert er auf 28 Kilogramm ab, bis er 1943 entlassen wird, um in der Landwirtschaft mitzuarbeiten. Als er drei Wochen vor Kriegsende zum Kriegsdienst einberufen wird, versteckt er sich in den Bergen. Ständige Angst entdeckt zu werden, lässt ihn kaum schlafen und treibt ihn von Unterschlupf zu Unterschlupf. Er friert, ist durchnässt, wird krank. In einer Hütte schläft er am glosenden Feuer ein und erleidet starke Verbrennungen. Nach dem Krieg bekommt er auch erst allmählich staatliche Hilfe. Landeshauptmann Gleißner, ein politisch Verfolgter, den Engleitner sehr schätzt – er hat ihn im Gefängnis in Linz und dann im KZ kennen gelernt – verdankt Engleitner, dass er ab 1951 doch eine Opferrente erhält, die ihm zunächst ein Amtsarzt vorenthält.
Wörtlich
Leopold Engleitner zur Bewunderung, dass er trotz der Grausamkeiten, die er erlitten hat, so fröhlich und zufrieden ist: „Wäre ich verbittert, wäre ich nicht so alt geworden.“
Zur Frage, mit welchem Gefühl er heute in eine KZ-Gedenkstätte geht, etwa vor zwei Wochen ins ehemalige KZ Niederhagen: „Mit Zufriedenheit. Denn es hat einen guten Ausgang genommen.“
Über die Jugend: „Der Rechtsradikalismus ist bei der Jugend nicht so gefährlich. Sie sind nicht so stur eingestellt.“
Über seinen Glauben: „Der Glaube ist im KZ weiter gewachsen und bis heute so stark geblieben. Er hat mich durch die schweren Zeiten getragen.“
- Zum Weiterlesen: Ungebrochener Wille, Bernhard Rammerstorfer, 448 Seiten, EUR 24,90, ISBN 978-3-9502462-0-9