Wer öffentlich fährt, erlebt so allerhand. Menschen steigen in die Straßenbahn ein, suchen sich ein Plätzchen: Sie sind groß, klein, dick, dünn, aufgemascherlt, heruntergekommen, aufgeregt, abgekämpft. Bilder entstehen in meinem Kopf, auch Vorurteile, Klischees drängen sich auf. Immer wieder werden sie über den Haufen geschmissen. Ein Beispiel: Ein junger, fülliger Mann um die 30, im Jogginganzug, knotzt lässig auf dem Sitz, die Haare kurz geschoren. Ein grauslicher Klingelton lässt ihn hochschrecken, er spricht: „Servas, Oida. Na, du i hab ka Zeit. I muass ham zu meiner Klan.“ – „Jo, i hab a Tochter. Die is so siaß.“ – „Na, i kann heit net. I hab grad an Lask-Strampler besorgt. So super. Den miaß ma nu ausprobieren. Du. Heit net. Servas!“ Ich bin überrascht. Dass sich der junge Mann für einen Strampler erwärmen kann, hätte ich nicht gedacht. Erstaunt war ich auch über einen Muskelprotz, den ich nur von hinten sah. Er wirkte, als käme er frisch vom Boxkampf. Breitbeinig stand er vor dem Ausgang, ohne sich zu halten. So ein cooler Ignorant! Beim Aussteigen erspähte ich, dass er rechts eine Sporttasche trug, links einen kleinen Rosenstock mit roten Blüten, die er wie einen Pokal festhielt. Entzückend! Für wen die wohl waren? – Das beschäftigte mich .... bis zum nächsten Fahrgast!