Am 4. Juni feiert Bischof Dr. Ludwig Schwarz seinen 70. Geburtstag. Am Sonntag, 6. Juni, 16 Uhr, feiert die Diözese den Jubilar bei einem Dankgottesdienst im Linzer Mariendom. Erzbischof Dr. Alois Kothgasser wird die Festpredigt halten.
Herr Bischof, Ihre Familie ist nach Ende des Zweiten Weltkriegs aus Bruck an der Donau bei Pressburg vertrieben worden. Was bedeutete das für Sie? Innerhalb kurzer Zeit mussten wir damals unser Dorf räumen. Der ganze Ort war plötzlich umstellt und es hieß: Raus da – und mitnehmen nur, was man tragen kann! Ich war ja erst sechs Jahre alt, da ist man ja noch von den Eltern sehr abhängig. Man sieht schon die Not aller Leute, die da geweint haben und traurig waren, kann aber die Zusammenhänge noch nicht verstehen. Zwei meiner Geschwister sind damals in einem Sammellager bei Pressburg an Entbehrung und Ruhr gestorben. Im November 1945 sind wir in Wien angekommen.
Wie denken Sie heute über jene, die Sie damals vertrieben haben? Ich habe keinen Groll im Herzen und trage auch niemandem etwas nach. Versöhnung zwischen den Völkern war und ist mir ein großes Anliegen. Wir haben, als ich schon Weihbischof in Wien war, gemeinsame Versöhnungsgottesdienste in der Slowakei gefeiert, wo ich als Bischof zelebriert habe.
Bereits mit 16 sind Sie bei den Salesianern Don Boscos in Wien ins Noviziat eingetreten. Wann haben Sie sich eigentlich für den Priesterberuf entschieden? Damals war es üblich, dass man nach der sechsten Klasse Gymnasium ins Noviziat ging. Meinen Weg zum Priesterberuf hatte ich schon seit dem zehnten Lebensjahr vor Augen – wenn es so Gottes Wille wäre. In meiner Generation waren solch frühe Entscheidungen nicht ungewöhnlich. Viele Pfarrer erzählen mir, dass für sie mit zehn Jahren der Weg zum Priesterberuf begonnen hat, als sie in Ordensschulen oder ins kleine Seminar gingen. In diesen Jahren wird man religiös geformt.
Warum hat sie gerade der Salesianerorden so besonders angezogen? Die Salesianer haben sich seit meinen sechsten Lebensjahr um mich gekümmert. Sie haben mich gefördert und darum bin ich diesen Weg gegangen. Es war die besondere Atmosphäre bei den Salesianern. Die Menschen dort sind einander in viel Liebe und Freundlichkeit begegnet. Die Ordensbrüder haben mit uns Aufgaben gemacht, mit uns gespielt und natürlich auch religiöse Themen behandelt. Da ist eine echte Bindung entstanden.
Wer einen geistlichen Beruf ergriffen hat, muss auch auf manches verzichten. War Ihnen jemals um etwas leid? Sie hätten Wien sehen sollen im 45iger Jahr und danach. Die vielen Bombenschäden, die Zerstörungen. Wir haben ja fast nichts gehabt und haben in einer Barackenecke gelebt. Mehr nicht. Aber trotzdem, die Familie war da, die Geborgenheit bei den Eltern, diese schöne Gemeinschaft – und die christliche Atmosphäre im Gebet. Das hat uns getragen.
Sie haben als junger Mensch gerne Fußball gespielt. In welcher Position – und in welcher Position sehen Sie sich als Bischof? Im Fußball war ich linker Flügelstürmer, alsoAngreifer. Aber auf mein Bischofsbild trifft das nicht zu. Da bin ich ein Mittelfeldspieler, würde ich sagen, der die Bälle verteilt und andere zum Einsatz ermutigt.
Werden Sie auch bei der Weltmeisterschaft zuschauen? Sicher werde ich mir bei der WM ein spannendes Spiel anschauen, wenn ich Zeit habe. Aber da darf alles andere nicht darunter leiden.
Die Salesianer Don Bosco sind ein Jugendorden. Wie soll man Jugendliche ansprechen, damit man sie für die Kirche gewinnt? Man soll die Jugendlichen dort abholen, wo sie stehen. Man soll ihnen mit Liebe und Verständnis begegnen, auf ihre Anliegen eingehen. Wenn dann eine gewisse Verbundenheit, Gemeinsamkeit, Freundschaft da ist, dann soll man sie auch auf die Werte hinweisen, die wir vom Evangelium her von der Kirche vermittelt bekommen.
Um welche Werte geht es vor allem? Die wichtigsten Werte sind Nächstenliebe, Solidarität, Gottesliebe und andere mitmenschliche Werte. Ein Herz zu haben für die Armen, für Gerechtigkeit, für die Erhaltung der Schöpfung, für die Klimaverbesserung sich einzusetzen. Auch das soll uns Christen kennzeichnen.
Wenn junge Leute Sie fragen, wie sie Karriere in der Kirche machen können, was würden Sie denen antworten? Ich würde sagen, dass es bei uns keine Karriere gibt, sondern dass in der Kirche der Dienst nach dem Beispiel Jesu das Entscheidende ist. Es geht um den Dienst. Wer Karriere machen will, der sollte sie nicht in der Kirche, sondern in anderen Bereichen suchen.
Haben Sie sich schon daran gewöhnt, dass es in der Diözese Linz keinen Weihbischof gibt? Nein, gewöhnt habe ich mich nicht daran, ich habe ja wieder in Rom angesucht – weil Linz eine sehr große Diözese ist und es viel Arbeit gibt.
2009 war ein Jahr der Spannungen. Wie sehr hat Sie das persönlich belastet? Da habe ich sehr mitgelitten. Diese Spannungen und Lagerbildungen, die da entstanden sind in diesen Wochen um die Weihbischofsernennung. Das war schon eine schwierige Situation in der Diözese. Doch die Versöhnungsgottesdienste in den Regionen und auch hier im Dom waren sehr fruchtbar.
Sehen Sie die Situation in der Diözese heute entspannter? Freilich. Was diese Konflikte betrifft. Es ist bedeutend entspannter als damals.
Haben Sie zum 70. Geburtstag einen besonderen Wunsch? Nur diesen einen: Ich bitte die Leser und Leserinnen um ein Gebetsgedenken vor Gott.
Was ist Ihre Vision für die Zukunft? Dass es zu einer Vertiefung des Glaubens kommt, und es wieder mehr Familien gibt, die das Christentum überzeugt leben. Aus solchen Familien können wieder mehr Priesterberufungen entstehen. Denn das muss man klar sagen: Ohne Priester wird es nicht gehen.
Nebenbei
Auch ein Bischof hat persönliche Vorlieben. Einige gibt Bischof Ludwig Schwarz hier preis:
- Ihre Lieblingssportart. Klar, Fußball.
- Ihr Lieblingsfußballklub? Rapid Wien, aber ich will keine Werbung machen.
- Ihre Lieblingsspeise? (überlegt). Das will ich gar nicht sagen, sonst bekomme ich nur noch Schnitzel bei Visitationen und Besuchen.
- Ihr Lieblingsheiliger? Natürlich Don Bosco, unser Ordensgründer.
- Ihr Lieblingsbuch? Die Heilige Schrift
- Ihr Lieblingspapst? Paul VI.
- Ihr Primizspruch? Dienet dem Herrn in Freude. Es ist auch mein Leitspruch als Bischof.
Zur Person
Ein Leben mit der Kirche
Ludwig Schwarz wurde am 4. Juni 1940 in Bruck an der Donau bei Bratislava als Erstes von neun Kindern geboren. Nach der Vertreibung der Familie aus der Slowakei kam Familie Schwarz im November 1945 nach Wien.
Ordensmann und Priester. 1957 legte Ludwig Schwarz die Profess bei den Salesianer Don Boscos ab. Es folgten die theologischen Studien in Unterwaltersdorf, Klagenfurt (1961–62) und Benediktbeuern (1961–1964).Am 29. Juni 1964 wurde Ludwig Schwarz zum Priester geweiht, es folgten weitere Studien in Wien (Klassische Philologie und Archäologie). Die Promotion zum Doktor der Philosophie erfolgte im Jahr 1970. Während der Studienjahre war P. Schwarz Kaplan und Krankenhausseelsorger im Herz Jesu-Spital in Wien. Von 1969 bis 1978 war er Rektor des Interdiözesanen Seminars für Priesterberufe in Horn (Canisiusheim), gleichzeitig Provinzialvikar der Österreichischen Salesianerprovinz, bis 1984 Provinzial.
Römische Jahre. Am 30. September 1984 wurde Ludwig Schwarz an die Päpstliche Salesianeruniversität in Rom berufen. Er war Direktor des internationalen kirchlichen Konviktes „Don Bosco“, ebenso war Dr. Schwarz von 1985 bis 1999 Professor an der Fakultät für klassische und christliche Literatur. Von 1999 bis 2005 war er schließlich Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke (MISSIO Austria) in Wien.
Bischof Schwarz. Am 15. Oktober 2001 wurde Dr. Ludwig Schwarz durch Papst Johannes Paul II. zum Weibischof von Wien ernannt. Die Bischofsweihe durch Kardinal Dr. Christoph Schönborn war am 25. November 2001 im Stephansdom. Am 6. Juli 2005 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum Bischof von Linz. Amtsübernahme war am 18. September 2005.