Ausgabe: 2010/26, Unter Uns, Bildungsziel, Zweifel, Überzeugung, Schule, Eltern
30.06.2010
- Ernst Gansinger
„Es ist so! Und das ist richtig!“ – Ich bin konfrontiert mit der Überzeugtheit meines Gegenübers, die Dinge richtig zu sehen. Da braucht es kein Nachdenken. Eingebrannt ist die Meinung, festgemauert in der Erden. Was so fix ist, ist unverrückbar. Behauptung duldet keine Korrektur, Zweifel ist nicht angebracht.
Die Bildungs-Diskussion erfasst alle Bereiche. Tausend Vorschläge sind eingebracht, tausend Eiferreden gehalten: Die Schule muss vorbereiten aufs Arbeitsleben. Sie muss die Chancen gleich verteilen und die Eltern entlasten. Sie soll die Kinder über den ganzen Tag sinnvoll beschäftigen und aus ihnen erfolgreiche Menschen formen. Bildung soll Werte vermitteln und festigen.Welche Werte? – Was den Einzelnen etwas wert ist, ist höchst unterschiedlich.
Ein Wert kommt seit Jahren bei all dem Bildungs-Doktern viel zu kurz: Der Wert des Zweifels. Die Menschen haben verlernt, den Zweifel an den eigenen Vorstellungen zuzulassen. Was sie selber denken, ist über alle Zweifel erhaben, was andere denken, dagegen anzuzweifeln.
„Es ist so und das stimmt.“ Damit basta, keine Gegenrede! Es ist, was ich sage, sagt die Einbildung. Es ist, wofür wir offen sind, sagt die Bildung.