Die Familienkapelle Nonsbach in St. Georgen bei Obernberg am Inn
Ausgabe: 2011/38, Kreuz, Abendlicht, Familienkapelle, Nonsbach, St. Georgen bei Obernberg, Koppelstätter, Architekt
21.09.2011 - Christine Grüll
Der Architekt Franz Koppelstätter hat gemeinsam mit einer Dorfgemeinschaft einen Andachtsraum geplant und umgesetzt. Er erhielt dafür den diesjährigen Architekturpreis des Diözesankunstvereins.
Im vergangenen Mai wurde in dem Innviertler Weiler Nonsbach eine kleine Kapelle geweiht. Sie ist Symbol für einen Weg, den vier Bauernfamilien seit Jahren zusammen gehen und auf dem sie viel erreicht haben.
Gemeinsames Planen. Vier Bauernfamilien haben sich im Jahr 2000 zu einer Dorferneuerungsgemeinschaft zusammengeschlossen und in nachbarschaftlicher Arbeit ihre Höfe erneuert. Daraus entstand der Wunsch, gemeinsam eine Kapelle zu bauen. Architekt Franz Koppelstätter hat die Familien – eine fünfte kam dazu – begleitet, mit ihnen zahlreiche Kapellen besichtigt und Entwürfe und Modelle eingebracht. Der Blick für das Detail, sagen die Beteiligten, hat sich dadurch geschärft. Der Bau sollte sich von der Grundform einer Innviertler Kapelle ableiten und doch ganz persönliche Bedürfnisse stillen. „Schönheit und Schlichtheit waren wichtig für uns. Sie sollte Wärme ausstrahlen und von Licht durchflutet sein“, sagen Heidi Schwarzmayr-Plunger und Gerhard Wipplinger, die zwei der insgesamt fünf Höfe des Weilers besitzen, in dessen Mitte der Bau nun steht.
Vom Blick abhängig. Die Kapelle wirkt einfach. Drei Lärchenstämme wurden in Pfosten und Schindeln geschnitten, aus denen Innen- und Außenwand gefertigt wurden. Schmale Glasfenster leiten das Tageslicht in den Innenraum, in dem eine Holzbank an der Wand angebracht ist. Der Schiebeladen eines Fensters und die Eingangstür sind aus Edelstahlgitter. Altar gibt es keinen, dafür eine schlichte Metallschale mit Kerzen und ein Kreuz aus blau schimmerndem Glas. Die Holzpfosten für die Innenwände wurden nicht geschnitten, sondern auseinandergerissen. Die Oberfläche ist rau. Wer genau hinsieht, entdeckt Erstaunliches: Je nach Standpunkt verändert sich die Form des Gebäudes. Je nach Stand der Sonne verändert sich das Licht im Inneren: Am späten Nachmittag und abends, wenn die Bauern und Bäuerinnen Zeit haben, sich hier zurückzuziehen, ist die Stimmung besonders schön. Das gläserne Kreuz entpuppt sich als Mobile aus gebrochenen Glassteinen, die an Drähten von der Decke hängen. Und beim Betrachten der Metallgitter bilden sich Muster, die nur schemenhaft erkennen lassen, ob sich jemand im Andachtsraum aufhält. Den Blick von innen nach außen lassen sie jedoch ungehindert zu.
Lebendige Nachbarschaft. Eine Kapelle ist ein Symbol des Glaubens. Die einzelnen Mitglieder der Bauernfamilien gehören verschiedenen Generationen an und sie haben unterschiedliche Vorstellungen von dem, wie Glaube dargestellt werden kann. „Meine Position war die eines Katalysators“, sagt Franz Koppelstätter. Er hat die Bilder in den Köpfen aufgenommen, gemeinsam mit den Auftraggeber/innen hinterfragt und mit seiner Kreativität und seinem Wissen als Architekt verfeinert. „So können alle eine Beziehung zum Gebäude herstellen.“ Die Bewohnerinnen und Bewohner von Nonsbach wollen die Kapelle im Rhythmus des Kirchenjahrs gestalten und die Gemeinschaft lebendig halten. „Deshalb wird sie nie fertig sein“, sagen sie und suchen schon jemanden, der sie bei der Umsetzung ihres nächsten Wunsches begleitet: die Darstellung der hl. Familie, der die Kapelle geweiht ist.