Ein kleiner Zwicker, mehr war es für Baris nicht. „Tattoo stechen tut nur ein wenig weh“, findet der 20-Jährige. Vor zweieinhalb Jahren ließ er sich während des Sommerurlaubs in der Türkei tätowieren. „Eine spontane Geschichte war das“, sagt er. Die linke Schulter zieren seither ein Halbmond und ein Stern, die Symbole der türkischen Nationalflagge. Darunter das Unendlichkeitszeichen. Es zeigt die Verbundenheit mit der Heimat seiner Eltern. „Ich fühle mich als Österreicher und als Türke. Ich bin beides.“ Das Tattoo ist bei Baris Ausdruck einer inneren Haltung. Überall herzeigen will er es nicht. Für eine Tattoo-Schau macht er jedoch eine Ausnahme. Das Foto von Baris’ Tattoo ist eines von vielen aus der Ausstellung „Hautkontakt“, die von 5. Februar bis 20. März in der Galerie im Gemeindeamt Ansfelden zu sehen ist.
Haut erzählt viel
Organisiert hat die Fotoausstellung über Tätowierungen, Piercings und Narben die Streetworkstelle Traun/Ansfelden. „Die Oberfläche des Menschen birgt viel, was sich im ersten Eindruck nicht erschließt“, meint der Streetworker Stefan Leyerer. „Sie erzählt von Erfahrungen und Träumen – in Bildern, in Farben, in Narben.“ Diese Botschaften von Jugendlichen darzustellen und verstehbar zu machen, sei die Motivation zur Ausstellung gewesen, ergänzt seine Kollegin Viktoria Wimhofer: „Tätowierungen, Piercings und Narben sind gerade für Jugendliche Symbole einer Suche nach Identität, nach einer Positionierung in der Gesellschaft.“
Familie als Tattoo
Überrascht waren die beiden beim Zusammentragen der Fotos aus Streetworkstellen in ganz Oberösterreich über die Inhalte, die dabei abgehandelt werden: Das Thema „Familie“ tauchte am häufigsten auf. Und auch wenn der Satz: „Es hat mir einfach gefallen!“, oft als Begründung für ein tätowiertes Motiv oder ein Piercing genannt wird – zufällig entstehen die Hautveränderungen selten. So wie bei der 18-jährigen Jules, die den Satz „live for“ tätowiert hat und meint: „Man soll immer ein Ziel vor Augen haben, für etwas leben. Man sollte nie planlos und ziellos durchs Leben gehen.“ Oder wie bei dem 17-jährigen Mario, der sich den Schriftzug „family first“ unterhalb der rechten Schulter stechen ließ. „Wenn man sich etwas tätowieren lässt, dann sollte es auch lebenslange Gültigkeit besitzen. Denn ein Tattoo ist unvergänglich und kostet Überwindung.“ Doch längst nicht jeder will sein Tattoo für immer haben. Für Baris ist etwa klar, dass er sich seine Tätowierung einmal wieder weglasern lassen will. Denn ein gläubiger Muslim solle einmal ohne Tattoos sterben: „Damit der Körper rein ist und man den Segen von Gott hat.“