Licht in die dunkle Nacht zu bringen war eine der großen Errungenschaften der Menschheit. Aber was seither aus der einfachen Beleuchtung geworden ist, belastet die menschliche Gesundheit und gefährdet viele Tierarten.
Ausgabe: 2016/46
15.11.2016 - Brigitta Hasch
Es ist nicht notwendig, auf Feuer und Kienspan zurückzublicken. Es reicht, die Entwicklung seit den ersten elektrischen Straßenbeleuchtungen zu verfolgen. Das war vor etwa 140 Jahren. Licht auf den nächtlichen Straßen und Wegen hat ursprünglich dem Bedürfnis des Menschen nach Sicherheit und Schutz vor Kriminalität gedient. Was sich daraus in nur wenigen Jahrzehnten entwickelt hat, ist eine selbstverständliche und gesetzlich wenig eingeschränkte Beleuchtung für Werbezwecke, bunte und flimmernde Effektbeleuchtungen von Bauwerken oder Freizeiteinrichtungen. Abgeschaltet wird das Spektakel erst in der Morgendämmerung.
Wo sind die Sterne geblieben?
Überall, wo sich künstliche Lichtquellen häufen, ist der Blick auf den nächtlichen Himmel ernüchternd geworden. Lichtglocken über den Städten lassen durchschnittlich 90 Prozent der mit dem freien Auge sichtbaren Himmelskörper verschwinden, eine „sternenklare“ Nacht wird zur „sternenfreien“ Nacht. Grund dafür ist die Summe an sogenannten Lichtverschmutzern, also Lichtquellen mit einem hohen Anteil an blauem und kaltweißem Licht. Das erschwert auch die Arbeit der Astronomen, Observatorien müssen in entlegene Gebiete abwandern. Es hat aber ganz allgemein negative Auswirkungen auf die Natur, den Menschen und die Tiere.
Dunkelheit ist Erholung für den Menschen
Der Lebensrhythmus von Mensch und Tier ist von Natur aus durch den Wechsel von Tageslicht und Dunkelheit bestimmt. Während der Dunkelheit – und nur da – kann die menschliche Hirnanhangdrüse das Hormon „Melatonin“ in ausreichender Menge erzeugen. Kann zu wenig von diesem Hormon produziert werden, erhöht sich der Stress, was in der Folge zur Schwächung des Immunsystems führt. Melatonin unterstützt auch ein traumreiches Schlafen, was sich positiv auf die Psyche auswirkt.In Summe bedeutet dies also, dass helle Nächte die Gesundheit des Menschen beeinträchtigen. Dazu kommt, dass auch das menschliche Auge auf verschiedene Lichtquellen reagiert. Je greller das Licht ist, desto größer ist die Blendwirkung. Günstiger, insbesondere im Straßenverkehr, sind gelbliche Lichtquellen, da hier der Kontrast durch eine Art „Hof“ um das Objekt herum gemindert wird.
Tiere verlieren natürliche Rahmenbedingungen
Auch die Organismen von Wildtieren sind seit Jahrtausenden auf den Wechsel von Tageslicht und Dunkelheit eingestellt. Nächtliche Beleuchtung stört tagaktive Tiere in ihrer Ruhephase. So wirken sich etwa beleuchtete Schipisten und Rodelbahnen auf den Wildbestand aus, zumindest aber beunruhigen sie die Tiere erheblich. Nachtaktive Tiere wiederum warten auf die Dunkelheit und starten bei zu viel Licht ihre Aktivitäten erst später. Zur Futtersuche oder für Kontakte zur Fortpflanzung bleibt ihnen deutlich weniger Zeit, ihr Aktionsradius wird kleiner, ihre Lebensräume werden von künstlichen Lichtquellen regelrecht zerschnitten. Viele Insekten und Falter können sich nicht mehr an den Himmelskörpern orientieren, sie folgen dem künstlichen Licht, was für sie zur Falle wird. Oft verenden sie wegen Erschöpfung oder sie verbrennen. Auch Zugvögel verlieren bei starken Lichtquellen oder großen beleuchteten Flächen die Orientierung. Stundenlange Irrflüge und der Tod vieler Zugvögel sind die Folge.
Gegen Lichtverschmutzung
„So wenig Kunstlicht wie möglich, so viel Beleuchtung wie notwendig“, ist Motto und Ziel von „Die helle Not“, einem mehrfach ausgezeichneten Projekt der Tiroler Umweltanwaltschaft. „Der Trend geht zu LED-Beleuchtungen im öffentlichen Raum“, erklärt Stefanie Suchy, „viele Hersteller bieten in der Zwischenzeit auch warmweißes LED-Licht an.“ Der Mehrverbrauch gegenüber kaltweißer Beleuchtung schreckt aber einige Gemeinden noch davon ab. Dort wo Licht im privaten Raum notwendig ist, empfiehlt die Expertin Bewegungsmelder. „Im Garten sollte man möglichst niedrige Pollerleuchten mit Abdeckungen aufstellen. Das Licht stahlt nach unten und damit ist der Weg ausreichend ausgeleuchtet.“ Im Hinblick auf Weihnachten erinnert Suchy gerne an die Aktion „Weihnachtserleuchtung statt Weihnachtsbeleuchtung“. Bürger/innen und Gewerbetreibende einer Vorarlberger Gemeinde spendeten, anstatt zu beleuchten, für einen guten Zweck.