Bischof Egon Kapellari und Hubert Nitsch, Kunstreferat Diözese Linz, über das Wesen der Kunst.
Ausgabe: 2017/07
14.02.2017
Bischof Egon Kapellari auf die Frage: Was ist Kunst?, in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2008.
Kunst ist Spiegelung der Gesamtwirklichkeit. Sie kann froh sein, wenn sie auch auf Gegner trifft, weil sie dann vor Trägheit bewahrt wird. Es kommt dabei freilich auf das Niveau an. Vor kurzem gab es diese Froschgeschichte in Bozen, den Streit über den gekreuzigten Frosch von Kippenberger. Kippenberger wollte wohl nicht Christus verhöhnen, sondern sich selbst als äußerst entfremdetes Subjekt, als herabgekommener Mensch, darstellen. Natürlich fragt man, hätte er dazu keine anderen Möglichkeiten gehabt? Hat er das gemacht, um Christen zu ärgern? Ich habe ihn nicht gekannt, aber ich glaube schon, dass er auch das im Sinn hatte. Nun hat aber doch die Gesellschaft, die sich über die Verletzung der Grenzen künstlerischer Freiheit erregt, auch eine gewisse Holschuld, sich darüber zu informieren, was der Künstler mit seinem Tabubruch gewollt hat. Sollen nicht Kritiker auch eine differenzierende Vorleistung erbringen, bevor sie sofort zu schnauben beginnen?
MMMag. Hubert Nitsch, Abteilungsleiter Kunstreferat, Diözese Linz zum Verhältnis von Kunst und Kirche.
Kirche und Kunst sind Systeme, die beide das Leben thematisieren. Vom System braucht es immer einen Schritt zum Individuum. Das ist in der Seelsorge so, aber auch in der Kunst. So mancher Skandal erscheint in einem anderen Licht, wenn man ihn als existenzielle oder persönliche Fragestellung des Kunstschaffenden sieht. Von der Person aus betrachtet ergibt sich dann ein Mehrwert für das System Gesellschaft. Das ist in der Kunst so, aber auch in der Seelsorge. Das Engagement von Künstlern überschreitet dabei Grenzen bei gleichzeitiger Öffnung auf eine größere Dimension. In der Religion, in deren Mitte wir ein Geheimnis feiern, geht es auch um eine Grenzüberschreitung hin auf eine größere Dimension oder Gott.