Die katholische Kirche bringt der österreichischen Gesellschaft viel mehr, als sie kostet. Das ist das Ergebnis einer Studie zum „Wirtschaftsfaktor Kirche“. Möglich wird dies auch durch den Kirchenbeitrag und die Leistungen der Ehrenamtlichen.
Die katholische Kirche bringt der österreichischen Gesellschaft viel mehr, als sie kostet. Das ist das Ergebnis einer Studie zum „Wirtschaftsfaktor Kirche“. Möglich wird dies auch durch den Kirchenbeitrag und die Leistungen der Ehrenamtlichen. 8,49 Milliarden Euro weist die Studie als in Geld bewertbaren Nutzen für die österreichische Gesellschaft aus den gesamten Tätigkeiten der katholischen Kirche nach. Die Kosten dafür betragen 5,91 Milliarden Euro. Wobei in Bezug auf den Anteil der Kosten, den die öffentliche Hand trägt, die Forscher unter der Leitung von Dr. Franz Prettenthaler (Joanneum Research) und Dipl.-Ing. Alexander Schnabl (Institut für Höhere Studien) sogar noch weiter zuspitzen: Berücksichtigt man die Rückflüsse an Steuern und Sozialversicherung, würden der öffentlichen Hand Nettokosten von nur 130 Millionen Euro entstehen. Das ist ein Argument angesichts der Debatte über sogenannte „Kirchenprivilegien“, die manche schüren. Wobei Mag. Herbert Beiglböck, Vorsitzender der Finanzkammerdirektoren, und Mag. Markus Rubasch, Vertreter der Ordensgemeinschaften, von seiten der Studienauftraggeber betonen: Die eigentliche Leistung der Kirche liegt in den Bereichen Religion, Seelsorge, Sinnstiftung, Solidarität, Trost und Hoffnung – und ist in Zahlen nicht darstellbar.
Rückflüsse an den Staat
Doch zurück zur Studie: Was so klingt, als könnte die Kirche finanzielle Wunder bewirken, wird in den Details klar: Zum Beispiel bei den Kosten für den Staat: Dieser kauft Leistungen von der Kirche (z. B. im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich) in der Höhe von 2,84 Milliarden Euro. Das sind keine Geschenke, sondern zumeist Beiträge für Leistungen, die der Staat sonst von anderen kaufen oder selbst erbringen müsste. Dazu kommen Subventionen in Höhe von 643 Millionen Euro: Darin sind Ausgaben für Religionspädagogen ebenso berücksichtigt wie die Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags. Der Staat „zahlt“ also rund 3,48 Milliarden Euro. Nur: Über Steuern und Sozialversicherungsabgaben fließen 3,35 Milliarden in öffentliche Haushalte zurück. Deshalb „kostet“ die Kirche die öffentliche Hand netto nur 130 Millionen Euro, obwohl sie für die Gesellschaft große Leistungen erbringt.
Ehrenamt
Das ist möglich, weil die Kirche auf vielen Finanzierungsbeinen steht: 873 Mil lionen Euro kommen aus dem Kirchenbeitrag und aus Spenden etc. 1,56 Milliarden be-tragen die betrieblichen Einnahmen (Beiträge, Miet- und Pachterlöse, Schulgelder etc.). Wenn man dennoch nach einem „Wunder“ sucht, dann ist es am ehesten hier zu finden: Wöchentlich werden rund 570.000 ehrenamtliche Arbeitsstunden in der Kirche geleistet. Das entspricht 14.000 Vollzeitstellen (Geldwert: 540 Millionen Euro).
Arbeitgeberin Kirche
Im Bereich der Erwerbsarbeit schafft die Kirche Arbeit für rund 158.000 Menschen, umgerechnet auf Vollzeitstellen sind das 123.000. Von diesen Vollzeitstellen sind 98.000 direkt bei kirchlichen Einrichtungen und 25.000 indirekt entstanden, sagen die Ökonomen. Zum Vergleich: Der Bund hat rund 130.000 Vollzeitstellen, die neun Bundesländer 138.500 und die Gemeinden 74.000.
„Wirtschaftsfaktor Kirche“
Die Studie versucht, alle Bereiche der katholischen Kirche zu erfassen: Von den 3053 Pfarren über die Diözesen, Stifte und Klöster, Spitäler, Heime und Schulen sowie Caritas und Vinzenzgemeinschaften. Daneben wurden auch durch die Kirche ausgelöste Wirtschaftseffekte berücksichtigt. Einige Details:
- 6,65 Milliarden Euro beträgt die Bruttowertschöpfung durch die Kirche. Rechnet man Umsatzsteuern sowie ehrenamtliches Engagement und Entwicklungshilfe dazu, entsteht ein gesellschaftlicher Nutzen von 8,49 Milliarden Euro.
- Der größte Teil der Wertschöpfung entsteht im Bereich Gesundheit (Spitäler, Heime etc.), gefolgt vom Sozial- und vom Bildungsbereich.
- Durch die kirchlichen Feste Taufe, Erstkommunion und Firmung entsteht ein Konsum von mehr als 147 Millionen Euro (Essen, Geschenke, Firmkleid etc.), mehr als 60 Millionen allein in der Gastronomie.
- 28 der 50 Top-Tourismus- ziele in Österreich zählen zur Kirche (Stephansdom etc.). Der ökonomische Wert der Sehenswürdigkeiten für den Tourismus wird in der Studie mit 460 Millionen Euro taxiert.
- 63 Millionen Euro, der Großteil Spenden, hat die Kirche 2012 für Entwicklungshilfe ausbezahlt. Bei der staatlichen Agentur ADA waren es 66 Millionen.
Buchtipp: „Wirtschaftsfaktor Kirche“. 129 Seiten, Verlag der Österr. Akademie der Wissenschaften, 29 Euro