Nationalfeiertag! Gibt es heute noch ein Festtags-Bewusstsein? Was sagt Altlandeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck dazu? Und welche Position vertritt die 20-jährige Stefanie Hinterleitner, Vorsitzende der Katholischen Jugend Oberösterreich?
Ausgabe: 2014/43, Nationalfeiertag, Feiertag, Tag der Fahne, Altlandeshauptmann, Josef Ratzenböck, Stefanie Hinterleitner, Vorsitzende, Katholische Jugend
22.10.2014 - Josef Ratzenböck, Stefanie Hinterleitner
„Besinnung auf unsere wiedererlangte Freiheit"
Nation kommt aus dem Griechischen und bedeutet Herkunft. So gesehen ist die Nation natürlich eine positive Bezeichnung, es ist ein Bekenntnis zur Heimat. In Österreich wurde der Nationalfeiertag am 25. Oktober 1965 im Parlament beschlossen und einen Tag darauf, am 26. Oktober, erstmals begangen.
Es ist leider Tatsache, dass bei Umfragen viele Menschen die Bedeutung dieses Feiertages nicht mehr zuordnen können. So gesehen ist dieser Nationalfeiertag eine Besinnung auf unsere wiedererlangte Freiheit. Und das sollte uns schon einen Gedenktag wert sein.
Hier sind alle politisch Verantwortlichen, alle Organisationen, alle Schulen, alle Redaktionen und viele mehr aufgerufen, auf dieses historische Datum hinzuweisen. Man muss auch an die Hintergründe denken und diese aufzeigen. Am 15. Mai 1955 wurde der Staatsvertrag unterzeichnet, gleichzeitig wurde auch eine Frist von 90 Tagen festgelegt, bis dahin die Souveränität endgültig zu gelten hat. Daher ist der 26. Oktober 1955 der erste Tag Österreichs in Freiheit. Bereits im September 1956 wurde vom Ministerrat beschlossen, im Angedenken an die immerwährende Neutralität, am 26. Oktober einen „Tag der Fahne“ zu begehen. Man kann sich heute kaum mehr vorstellen, dass dieses Bekenntnis zur Nation ein unbeschreibliches Glücksgefühl ausgelöst hat. Es war endlich wieder Frieden in Freiheit. Das aktuelle friedenssichernde Modell ist die Europäische Union. Ich bin fest überzeugt, dass die heute jungen Menschen, und die weiteren Generationen, lebenslang davon profitieren werden.
Dr. Josef Ratzenböck
Schattenseite von Nation ist die Abgrenzung
Ich finde es enorm spannend und bereichernd, dass es auf unserem Erdball verschiedene Nationen gibt. Das Wort Nation hat für mich verbindenden, aber gleichzeitig auch ausgrenzenden und trennenden Charakter. Sich einem Land, einer Kultur zugehörig zu fühlen, schafft Identität, gleichzeitig grenze ich mich dadurch von anderen ab. Leider wird diese Abgrenzung oft mit brutalen Mitteln erreicht und all jene, die dieser einen Gruppe nicht angehören, werden als minder erachtet. Mit dem Nationalfeiertag verbinde ich österreichische Fahnen, Neutralität und einen arbeitsfreien Tag. Ob es Sinn macht, einen Feiertag der Nationen zu haben, kann ich nicht genau beurteilen. Ich glaube, dass viele gar nicht wissen, was wir da genau feiern. Grundsätzlich finde ich es nicht schlecht, dass man auf sein Land und die Menschen, die in ihm leben und oft großartige Dinge vollbracht haben und noch immer vollbringen, stolz ist. Schlecht wird es nur, wenn die Nationalität eines Menschen vor seine Persönlichkeit gestellt wird, und er dadurch ab- oder aufgewertet wird. Ich denke, der Nationalfeiertag könnte eine Gelegenheit bieten, dass immer wieder auf die Errungenschaften der Republik Österreich geblickt wird. Das friedvolle Zusammenleben in einer Demokratie, die hohe Lebensqualität und Erfolge in Kultur und Wissenschaft wären Dinge, die mir dabei einfallen. Gleichzeitig kann der Nationalfeiertag eine Art Mahnmal dafür sein, sich immer wieder für diese Errungenschaften einzusetzen und sich ins Bewusstsein zu rufen, wie dankbar wir sein müssen, in einem friedvollen und sozialen Land wie Österreich leben zu dürfen.
Stefanie Hinterleitner