Der abendliche Kampf ums Bettgehen zerrt an den Nerven von Eltern und Kindern. Das muss aber nicht so sein. Wie man Kinder in aller Ruhe und entspannt zum Schlafen bringt, weiß Gesundheitspsychologin Daniela Leitner-Quast.
„Geduld, Ruhe und Konsequenz sind für Eltern ganz wichtig, um ihre Kinder ohne Quengeln ins Bett zu bringen“, erzählt die junge Psychologin, selbst Mutter zweier Kinder. Egal, wie der Tag gelaufen ist, sollte man rechtzeitig vor der Schlafenszeit das Tempo und die Aktivitäten reduzieren, die Lautstärke – etwa beim Radio – herunterfahren, und auch das Licht zurückdrehen. „Diese Maßnahmen unterstützen die innere Uhr, weil sie die Produktion von Melatonin anregen. Dieses Hormon wird hauptsächlich bei Dunkelheit in der Zirbeldrüse produziert und sorgt für entspannten Schlaf.“ Lustige Polsterschlachten sollten also besser in der Früh zum Aufwachen stattfinden und nicht am Abend.
Zauberwort Rituale
Fixe Zeiten und gewohnte Rituale geben dem Kind Sicherheit, und das ist wichtig für entspannten Schlaf. Jeder Mensch hat einen individuellen Biorhythmus. Ist die Schlafenszeit jeden Tag eine andere, bringt man diesen Rhythmus durcheinander, und man bekommt Probleme beim Einschlafen. Damit das Kind rechtzeitig im Bett landet, beginnt man also etwa eine Stunde davor mit den Vorbereitungen. Bei größeren Kindern kann man sich zusammensetzen und über den Tag berichten lassen. Für die kleineren heißt es Waschen, Zähne Putzen, ab in den Pyjama und mit Kuscheltier und Gute-Nacht-Geschichte unter die Decke. Mit den Ritualen sollte man schon bei ganz kleinen Kindern beginnen, rät Daniela Leitner-Quast. Vorlesen, selbst erfundene Geschichten erzählen, miteinander beten, oder einfach nur kuscheln sind gute Methoden, die Kindern beim Einschlafen helfen. „Bei den sinnvollen Ritualen kann die ganze Familie den Aktivitätslevel herunterfahren und so wird der Übergang in eine erholsame Nacht geschaffen“, erklärt die Expertin. Kinder zum Einschlafen vor den Fernseher zu setzen, hält sie für völlig falsch: „Das, was am Abend für die Kinder so wichtig ist, wird dabei nicht erfüllt, nämlich, dass sich die Eltern für die Kinder Zeit nehmen und nicht nur physisch sondern auch kognitiv bei ihren Kindern sind. Das Ziel ist nicht ausschließlich, dass ich mit meinem Kind Zeit verbringe – das WIE ist von Bedeutung.“
Nächtliche Wachphasen
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Kinder wie auch Erwachsene, in der Nacht kurze Schlafpausen erleben. „Sollte ein Kind dabei weinen oder schreien, darf man es auf keinen Fall allein lassen“, stellt die Psychologin klar, „denn Kinder müssen sich auf die Eltern verlassen können.“ Man sollte aber dabei die Nacht nicht zum Tag machen, also kaum Licht einschalten, wenig und leise sprechen, nur so lange wie nötig im Zimmer bleiben. Ähnliches gilt auch beim Nachschauen oder nächtlichen Wickeln. „Gehen Sie nicht gleich ins Sichtfeld der Kinder, bleiben Sie möglichst ruhig, oft reicht schon ein Streicheln über die Wange. Wickeln sollte man in der Nacht nur, wenn es wirklich nötig ist“, meint dazu Daniela Leitner-Quast.
Einschlafhilfen
Viele Kinder klammern sich beim Einschlafen an liebgewonnene Dinge wie Stoffwindeln oder Plüschtiere. „Das erleben wir selbst noch bei Volksschulkindern“, erzählt die Psychologin. „Bei Frühchen, die im Spital unter Beobachtung bleiben müssen, erweisen sich Stoffwindeln, denen der Geruch der Mutter anhaftet, als besonders beruhigend.“ Vertraute Gerüche scheinen sich also sehr positiv aufs Einschlafen auszuwirken. Auf das Waschen des geliebten Stoffteils reagieren manche Kinder daher prompt mit Ablehnung. Bewegungen, die dem Baby noch aus dem Mutterleib vertraut sind, fördern ebenso das Einschlafen. In Hängeschaukeln, ausgekleidet mit einem großen Dinkelkissen, kann man dies nachahmen – oder im guten alten Schaukelstuhl. Spieluhren empfiehlt Daniela Leitner-Quast erst für größere Kinder, die diese Dinge auch allein bedienen können. „Sonst sitzen die Eltern lange dabei, um die Melodie immer wieder erklingen zu lassen.“ Weil auch eines ihrer Kind gerne Lieder zum Einschlafen hört, hat die Psychologin zu diesem Trick gegriffen: „Ich habe ein Lied selbst gesungen und dann hintereinander immer wieder auf einer CD aufgenommen. Bis eine CD abgelaufen ist, sollte jedes Kind schlafen.“
Wie tickt mein Kind?
Schlafpläne halten fest, wann, wie lange und unter welchen Umständen ein Kind schläft. Das hilft, ihr Schlafmuster zu erkennen. „Manche Kinder brauchen vier Mal am Tag eine halbe Stunde, andere schlafen nur zwei Mal, aber dafür gleich neunzig Minuten am Stück. Legt man sie während einer aktiven Phase ins Bett, wird das nicht funktionieren“, sagt die Expertin und rät: „Hat man das individuelle Schlafmuster eines Kindes herausgefunden, sollte man es in diesem Muster unterstützen.“
Veränderungen
Vom Dazulegen zum Dazusetzen, vom Elternbett ins eigene Bett – Schritt für Schritt, es sollten nie Brüche sein, sondern langsame Veränderungen. „Kündigen Sie Ihrem Kind an, dass Sie ab nächster Woche die Geschichte nicht im Bett, sondern im Sessel daneben erzählen werden. Lassen Sie das Kind das eigene Bett mit Pölstern oder sonstigen Dingen mitgestalten. Und bleiben Sie dann konsequent, denn ein Kind fühlt, wenn die Eltern nicht überzeugt hinter einer Entscheidung stehen“, fordert Daniela Leitner-Quast. Keine dieser Veränderungen sollte im Zusammenhang mit einem neuen Geschwisterchen erfolgen. Muss ein Kind aus dem Elternschlafzimmer, weil ein Baby da ist, ist Eifersucht eine klare Folge.