Jugendliche wollen die Welt entdecken und fremde Länder und Menschen kennenlernen. Ihre Reisen zeichnen sich oft durch Spontanität und etwas Verrücktheit aus: Eine Nacht am Flughafen? Kein Problem!
Solche Entscheidungen nach Lust und Laune sind für Jugendliche mit Beeinträchtigung kaum möglich. Laura Harrer (22) aus Vöcklabruck ist seit Geburt querschnittgelähmt und kennt die Herausforderungen einer Reise mit Rollstuhl bestens: „Immer muss ich mir überlegen: Wie geht das oder geht es überhaupt? Ich glaube, dass ich eine ganz andere Sichtweise habe, weil ich nicht so mobil bin.“ Obwohl Laura im Alltag sehr selbständig ist, braucht sie gerade beim Reisen die Hilfe von Begleitpersonen. Deshalb war sie bisher meistens mit ihrer Mutter unterwegs.
Abenteuer Costa Rica
Lauras erste Reise ohne Eltern war dafür umso exotischer: Mit dem Reisebüro „Forum Erleben“ konnte sie Costa Rica entdecken – Affenfütterung und Krokodilbootsfahrt inklusive. Obwohl es verschiedene Institutionen gibt, die Reisen für Menschen mit Behinderung anbieten, sind Fernziele wie Costa Rica eher selten. Grund dafür ist der enorme organisatorische Aufwand: Begleitservice beim Flug, Transfer vor Ort, eine rollstuhlgerechte Unterkunft, das passende Tagesprogramm, ... „Die wesentlichen Punkte müssen bereits im Vorfeld abgeklärt werden. Alles kann man jedoch nicht im Voraus planen. Vor Ort muss man sowieso immer wieder improvisieren“, sagt Hans Peter Greunz, Reiseorganisator und -begleiter bei „Forum Erleben“.
Land und Kultur
Auch Stefan Müller (26) aus Bad Ischl war mit „Forum Erleben“ in Costa Rica. Es war seine erste Reise außerhalb Europas, seit der gelernte Dachdecker durch einen Arbeitsunfall vor sieben Jahren vom Hals abwärts gelähmt ist. Auch er nimmt das Reisen aus einem anderen Blickwinkel wahr: „Früher waren mir Strand und Party wichtig. Jetzt interessiert mich das nicht mehr, weil ich lieber etwas vom Land und der Kultur sehen möchte.“ Jedoch habe dieser Wandel nicht nur mit seiner Behinderung zu tun, sondern liege auch daran, dass er älter und ein wenig vernünftiger geworden ist.
Gleichwertiges Miteinander
Bei all den abenteuerlichen Erlebnissen war Laura und Stefan die Gemeinschaft der Reiseteilnehmer/innen wichtig. „Mit Menschen in der gleichen Situation kann ich ganz anders reden als mit jemandem, der die Problematiken nicht kennt“, meint Stefan. Er betont aber, dass er auch gerne in einer gemischten Gruppe reisen würde. Damit spricht er ein Anliegen von Hans Peter Greunz an: „Meine Vision ist, Reisen auf einer wirklich inklusiven Basis anzubieten, wo niemand zu kurz kommt.“ Das würde bedeuten, dass Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam unterwegs sind, aber das Programm auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt wird.
Neidisch auf andere
Jugendliche ist Laura Harrer nicht: „Ich versuche, meine Situation zu akzeptieren, weil ich nichts ändern kann. Wenn mir jemand von einer Bergtour erzählt, dann denke ich daran, wie viele Möglichkeiten ich trotzdem habe. Da muss ich nicht unbedingt auf einen Berg gehen!“ Und Stefan träumt schon davon, wieder nach Süd- oder Mittelamerika zu reisen: „Man soll sich nicht einsperren und aufgeben, sondern trotzdem sein Leben genießen und unternehmen, was möglich ist.“