Dass er nicht ganz mit dem Ergebnis der Familiensynode zufrieden ist, wollte Kardinal Christoph Schönborn nach seiner Rückkehr nach Österreich nicht verbergen.
Ausgabe: 2014/43, Kardinal, Schönborn, Familiensynode, Rom, Homosexuelle, Evangelium
22.10.2014 - Heinz Niederleitner
Ein Tunnelblick auf die Themen wiederverheiratete Geschiedene und gleichgeschlechtliche Partnerschaften sei bei der Synode dominant geworden, sagte Schönborn am Montag in Wien – und zwar nicht nur in Richtung der Medien, sondern auch an seine Bischofskollegen auf der Synode gerichtet. „Was mich dabei empört, ist, dass wir es mit dem absolut vitalen Thema Familie zu tun haben und dann über Marginalien sprechen.“ Als eines der größten Themen bezeichnete es Schönborn, dass viele Menschen gar nicht mehr heiraten.
Blick ins Wohnzimmer
Schönborn unterstrich die Aufforderung der Synodenteilnehmerin Ute Eberl, welche die Bischöfe aufgefordert hatte, ins Wohnzimmer der Familien und nicht ins Schlafzimmer zu schauen. „Wir müssen mehr auf die Lebensumstände von Familien achten“, sagte der Wiener Kardinal. Er hoffe, dass dies bis zur zweiten Familiensynode im Herbst 2015 gelinge.
Er selbst hatte einen „Schlüssel“ in die Synode eingebracht, demzufolge man sich dem Thema Familien ähnlich nähern könne wie das Zweite Vatikanische Konzil anderen Konfessionen. Es gehe darum, das Positive zu sehen, einen anderen Blick zu gewinnen. Dies mache manchen Kirchenverantwortlichen aber Angst. Schönborns Schlüssel, der im Zwischenbericht der Synode deutlich vertreten war, wurde von manchen Synodalen als noch zu wenig ausdiskutiert angesehen. Im Endbericht der Synode sei er „in Spuren“ vorhanden, sagte der Wiener Kardinal.
Warum die Synode im Endbericht beim Umgang mit Homosexuellen deutlich zurückhaltender wurde als im Zwischenbericht, erklärte Schönborn mit politischen Vorgängen: So sei auf der Synode bekannt geworden, dass Roms Bürgermeister im Ausland eingetragene gleichgeschlechtliche Partnerschaften zeitgleich im Block anerkennen wolle. Gerade afrikanische Bischöfe seien hier sensibel, weil eine „massive Lobby“ Entwicklungshilfe von der Einführung der „Homo-Ehe“ abhängig mache, sagte Schönborn. Italienische Medien mutmaßten zudem, dass auch „liberale“ Bischöfe gegen den Paragrafen gestimmt hätten, weil er ihnen nicht weit genug ging.
Angriffe auf Papst
Mit der Synode sei Papst Franziskus ein Risiko eingegangen, sagte der Wiener Erzbischof. Aber gerade in einer Situation, da weltweit die Lage für Familien schwieriger werde, zeige die Kirche ein vitales Interesse an ihr. Schönborn sprach auch von einer „Angriffswelle“ gegen den Papst in konservativen Kreisen, die sich zum Beispiel in der Zeitung „Il Foglio“ äußerten. Mit „apokalyptischen Szenarien“ würde das Wirken des Papstes geschildert. „Dabei haben wir einen Papst, der einfach die Frischheit des Evangeliums bringt“, sagte Schönborn dagegen.
Der auch vom Papst vorgezeichnete „Weg des Evangeliums“ liegt laut Kardinal Schönborn zwischen dem Hochhalten des Eheideals samt der Unauflöslichkeit einerseits und der aufmerksamen seelsorglichen Begleitung „unvollkommener“ Bindungsformen Kardinal Schönborn nie andererseits.
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