Im April kommt die erfolgreiche A-cappella-Band Wise Guys nach Linz. Songschreiber Dän Dickopf spricht im Interview über Wohlstandseuropäer, den Abschied der Band und eher unwahrscheinliche Zukunftshoffnungen.
Ausgabe: 2016/12, Wise Guys, Interview, Konzert
22.03.2016 - Paul Stütz
Sie waren bereits zwei Mal in Linz. Welche Erinnerungen verbinden Sie damit? Dän Dickopf: Besonders das erste Konzert im Mariendom im Jahr 2014 hat uns enorm beeindruckt. Zum einen wegen der Schönheit und Größe der Kirche, der vielen Menschen die da saßen. Wir hatten großen Respekt vor der Akustik, wir hatten Sorge ob das mit dem Hall funktioniert, weil das für unsere Texte sehr wichtig ist. Und dann hat sich alles zum bestmöglichen entwickelt an dem Abend. Da gab es nachher auch viel Lob vom Publikum. Es herrschte eine ganz tolle Stimmung und Atmosphäre. Und danach war die Besonderheit, dass wir gemeinsam in einer großen Prozession zum Priesterseminar gewandert sind mit einigen hundert Fans. Das sah fast aus wie eine Demo.
Die Band gab vor wenigen Wochen bekannt, dass sich die Wise Guys mit Sommer 2017 trennen. Warum wird die langjährige Zusammenarbeit beendet? Dän Dickopf: Eddi Hüneke hat uns mitgeteilt, dass er aufhören will. Er ist jetzt über 40 und hat für sich gesehen: Jetzt muss das sein, sonst schafft er die Veränderung gar nicht mehr. Dazu kamen noch Schwierigkeiten mit unserem italienischen Bass Andrea Figallo, der bereits im April aufhören wird. Aber die Band kann man auf Dauer personell nicht beliebig austauschen. Auch weil fast jeder Wise-Guys-Fan einen Lieblingssänger hat. Da haben wir gesagt, wir machen lieber einen würdigen erfolgreichen Abschluss mit einer Abschiedstour, wo wir uns alle noch einmal sehen können. Also aufhören, wenn es am schönsten ist. Das Ende der Band haben Sie bald bekannt gegeben. Ist das auch aus Ehrlichkeit und Verpflichtung gegenüber den Fans heraus? Dickopf: Genau, im gesamten deutschsprachigen Raum hat man noch die Gelegenheit uns zu sehen, bis zum endgültigen Abschied im Juli 2017. Wir freuen uns, wenn möglichst viele Leute mit uns Abschied feiern.
Wie geht es Ihnen persönlich damit? Dickopf: Also, ich bin nach wie vor noch ein bisschen in der Trauerphase. Ich habe diese Entscheidung mitgetroffen, aber ich bin trotzdem sehr traurig. Ich hätte gerne mindestens noch zehn Jahre Wise Guys weitergemacht. Ich finde, wir hätten noch Potenzial gehabt, sowohl menschlich als auch musikalisch, um tolle Sachen zu machen und zu erleben. Gleichzeitig blicke ich natürlich nach vorne und weiß, dass ich weiter Songs schreiben und auf der Bühne stehen möchte. Darum muss ich mich auch kümmern. Das heißt, ich habe so eine gewisse Zerrissenheit zwischen Abschied und Neubeginn.
Können Sie dem Abschied auch positive Seiten abgewinnen? Dickopf: Natürlich freut man sich auf was Neues. Die Wise Guys waren auch gewissermaßen ein Riesentanker, der schwer zu manövrieren war. Was Verrücktes auszuprobieren, das wurde immer schwieriger. Ich freue mich durchaus darauf, ein Nachfolgeprojekt mit Nils Olfert zu starten, das naturgemäß eine Spur kleiner sein wird. Wir können zum Beispiel sagen, jetzt singen wir um die Ecke in der Nachbarschaft, weil wir Bock drauf haben. Ist Ihr Ziel mit dem neuen Projekt im Radio zu landen: In einem der neueren Lieder A-Cappella texten Sie, dass Ihre Musik nichts für das Formatradio ist. Würden Sie gerne einmal aus der - wie Sie es bezeichnen - Exotenecke rauskommen? Dickopf: Mir ist schon bewusst, dass sich in einer neuen Formation, in der wir auch a-capella singen werden, die Radiosender kaum für uns interessieren werden. Das wäre für mich kein Grund alles auf eine Karte zu setzen, um möglichst kommerziell und flächendeckend im Radio gespielt zu werden. Das kann nicht der Qualitätsmaßstab für Musik sein. Zum anderen ist es dieses a-capella Musik machen, Konzerte geben und dort den Leuten Geschichten zu erzählen, sie zum Lachen und Weinen zu bringen, was mir viel wichtiger ist.
Sie treten bei Kirchentagen auf, sind katholisch sozialisiert. Was bedeutet Ihnen der Glaube? Dickopf: Ja, ich bin gläubig und dazu stehe ich auch. Tatsächlich bin ich ein nicht so aktiver Kirchgänger, wie ich gern wäre. Wenn man sehr lange und spät aufgetreten und am Sonntag-Morgen kaputt ist, macht das den Kirchbesuch schwierig. Grundsätzlich ist mir wichtig, die christlichen Werte zu leben. Meine Kinder sollen unter diesen Grundsätzen aufwachsen. Dass man die Schöpfung beachtet und bewahrt, dass man an seine Mitmenschen denkt. Dass man versucht gerecht zu sein, im Streitfall vermittelt, versucht Gemeinschaft zu leben. Sie haben in einem Interview mit der KirchenZeitung vor zwei Jahren gesagt, Sie verbinden Hoffnungen mit Papst Franziskus. Wie denken Sie heute darüber. Hat er die Hoffnungen erfüllt? Dickopf: Franziskus tut sehr viel, es gibt aber natürlich Grenzen. Ich stelle mir das so vor, da haben sich Dinge aufgestaut, die man nicht mit einem Handstrich wegfegen kann. Im Rahmen seiner Möglichkeiten hat er sehr moderne Ansätze und da gefällt mir Vieles sehr gut. Ich bin schon der Meinung, dass das ein Glücksgriff war. Ich merke, dass auch in Köln, wo wir Kardinal Woelki haben. Da ist jetzt jemand da, der sich tatsächlich um die Menschen kümmert und der nicht einfach nur einen konservativen Verein leitet.
Sie haben öffentlich Stellung für Flüchtlinge bezogen. Wieso ist Ihnen das ein Anliegen? Dickopf: Das ist ein Teil von Menschlichkeit und hat für mich mit christlicher Nächstenliebe zu tun. Es geht darum, dass Menschen ihre Heimat nicht aus Spaß verlassen, dass es gravierende Gründe gibt und man diesen Menschen einfach die Tür öffnen muss. Was nicht immer einfach ist. Es werden in Köln gelegentlich Turnhallen gesperrt für den Sportunterricht, um Flüchtlinge unterzubringen. Das ist schade, wenn die Kinder keinen Sport machen können. Aber wenn man sich überlegt, auf der einen Seite der Waage ist Sportunterricht und auf der anderen Seite ist ein Dach über dem Kopf und letztendlich Schutz vor Krieg und Verfolgung, dann sollten die Prioritäten ganz klar gesetzt sein. Was da wichtiger ist, das sollte man sich als Wohlstandseuropäer vielleicht etwas in Erinnerung rufen. Sie haben sich mit Ihrer Meinung in Bezug auf Flüchtlinge exponiert. Wie waren die Reaktionen? Dickopf: In unserer Fangemeinschaft gibt es total viele, die ähnlich ticken in diesem Punkt. Da gab es enorm viel Zuspruch. In den sozialen Medien gab es teilweise heftigen Widerstand, aber fast immer so aggressiv und unqualifiziert, dass ich mich nicht damit auseinandersetze. Das ist nicht das Niveau, auf dem ich reden will. Sie leben in Kölner. Was sagen Sie zu den sexuellen Übergriffen auf Frauen am Kölner Bahnhof in der Silversternacht? Dickopf: Ich war fassungslos, wie glaube ich alle andern auch, dass die Aufklärung so schrittweise passiert ist. Ich bin sehr verstört, wie sich die Gruppe so organisieren konnte. Ich glaube auch, dass die Polizei keinen guten Job gemacht hat. Ich denke schon, dass Deutschland der Kriminalität einhalten gebieten muss. Auch mit einer gewissen Härte. Alle Menschen die hier leben, müssen sich an die vorgegebenen Gesetze und Regeln halten und das gilt besonders auch für den Umgang mit Frauen.
Haben die Vorfälle Ihre Meinung in Punkto Willkommenskultur geändert? Dickopf: Grundsätzlich nein. Wer sagt, dass in Köln waren die Flüchtlinge, der liegt falsch. Egal wo jemand herkommt, wer Frauen belästigt vielleicht sogar vergewaltigt, muss so bestraft werden muss wie das unser Rechtssystem vorsieht. Aber zu sagen, das waren die Flüchtlinge finde ich sehr problematisch.
Die Musik der Wise Guys versprüht viel Lebensfreude. Sind Sie selbst ein optimistischer Mensch? Dickopf: Zweifel habe ich schon auch, dass ist normal, dass man mal einen schlechteren Tag erwischt. Aber insgesamt bin ich eher ein optimistischer Mensch.
Mit einem optimistischen Blick – was passiert früher: Der 1. FC Köln wird – wie es in einem Ihrer Lieder ironisch heißt – deutscher Meister? Oder dass Frauen in der katholischen Kirche Priesterinnen sein dürfen, was Sie als Reformwunsch äußerten? Dickopf: (lacht) Das wird ein ganz enges Kopf-an-Kopf-Rennen, glaube ich. Wird beides noch ein Weilchen dauern. Ich fände beides sehr begrüßenswert. Beides wäre ein Grund zum Feiern. Zurück zu Ihrem Abschied. Was soll man einmal in Erinnerung behalten über die Wise Guys? Dickopf: Ich hoffe, dass die Menschen weiterhin gerne unsere CDs und unsere Musik hören. Dass man sich gerne an die Konzerte erinnert. Das haben wir immer wieder von den Leuten gehört: die Konzerte waren so etwas wie Kurzurlaub für die Seele, der noch Wochen nachgewirkt hat. Sie konnten auftanken, glücklich sein. Das ist natürlich ein Wahnsinnskompliment. Dass wäre das Schönste, wenn sich sie Leute daran erinnern. Ich wünsche mir, dass die Leute das bei der neuen Formation, die ich mit Nils Olfert machen werde, finden werden.
Konzert-Freikarten
- WISE GUYS unplugged im Linzer Mariendom. Am Donnerstag, 28. April gastiert die Band in Linz. Beginn des Konzerts: 20 Uhr. Karten gibt es im Domcenter Linz, Herrenstraße 36.
- Die KirchenZeitung verlost drei Mal zwei Karten für das Konzert in Linz. E-Mail an: office@kirchenzeitung.at bis Sonntag, 3. April schicken.