Immer mehr Länder stecken verstärkt Geld in die militärische Aufrüstung. Brigadier Walter Feichtinger spricht über die Hintergründe.
Ausgabe: 2017/37
12.09.2017 - Susanne Huber
Welche Länder geben weltweit am meisten Geld für Rüstung aus und warum? Walter Feichtinger: Die USA, China und Russland. Was mich dabei irritiert ist, dass die drei größten Länder der Welt hier die meisten Militärausgaben haben. Das verheißt nichts Gutes. Für mich ist dieses Aufrüsten ein Zeichen eines geopolitischen Wettbewerbes, der sich stark auf die militärische Komponente abstützt.
Wie sieht es mit der Aufrüstung in Österreich aus? Walter Feichtinger: Österreich rüstet nicht auf. Seit den 1990er Jahren wird massiv abgerüstet – allein in der Stärke von 300.000 Mann auf 50.000 Mann Mobilmachungsstärke. Auch was einzelne Geräte wie Kampfpanzer betrifft, haben wir massiv abgerüstet und es gibt auch weniger Artillerie als früher. Was das Bundesheer macht, ist die Modernisierung der Geräte. Das ist auch dringend notwendig. Schützenpanzer etwa sind bis zu 50 Jahre alt. Unsere Soldaten müssen in internationalen Einsätzen bereit und fähig sein, Frieden zu bringen und Leute zu schützen. Und das muss man unter den heutigen Bedingungen können.
Wie viel Geld wird dafür verwendet? Walter Feichtinger: Es ist ein zusätzliches Budget vereinbart worden, das allerdings noch nicht gesichert ist. Es geht darum, dass in den nächsten fünf Jahren etwa eine Milliarde in neue Ausrüstung und vor allem auch in Infrastruktur gesteckt werden soll.
Man hört immer wieder, das österreichische Militär soll sich an der Flüchtlingsabwehr beteiligen. Ist diese Milliarde auch dafür vorgesehen? Walter Feichtinger: Grundsätzlich ist dieses Geld dafür vorgesehen, dass das Bundesheer seine Aufträge erfüllen kann, und die sind mannigfaltiger Natur. Wie schon erwähnt, haben wir Auslandseinsätze im internationalen Krisenmanagement; und wir haben Inlandseinsätze, von der Katastrophe beginnend bis zum Assistenzeinsatz für das Innenministerium. Das ist ein Bereich, den Sie jetzt ansprechen. Wenn man hier auf Anforderung des Innenministeriums zusätzliche Ausgaben hat, dann wird man dafür auch Gelder brauchen.
Kann eine gemeinsame europäische Verteidigungspolitik im Hinblick auf die Flüchtlingskrise, auf Grenzsschutz und Terrorabwehr etwas bringen? Walter Feichtinger: Ich bin davon überzeugt, dass wir die Probleme, denen wir heute gegenüberstehen, nur gemeinsam im europäischen Zusammenwirken lösen werden können. Der europäische Grenzschutz ist ein Faktor davon, aber wesentlich wichtiger ist es, hier in der Außen- und Sicherheitspolitik gemeinsam aufzutreten, um entsprechend vor Ort helfen zu können. Nationale Alleingänge sind hier von vorneherein zum Scheitern verurteilt.
Wird in Europa aufgerüstet? Walter Feichtinger: Es gibt hier einen Hinweis und im Rahmen der NATO, die zur Zeit des Kalten Krieges in den einzelnen Staaten durchschnittlich ein Budget von drei bis fünf Prozent des BIP an Verteidigungsausgaben hatte. Im Zuge der 1990er Jahre und 2000er Jahre ist es im Durchschnitt auf 1,5 Prozent herabgesunken. Jetzt versucht man es aufzufangen und im Verlauf von zehn Jahren auf ein Maß von zwei Prozent zu kommen.
Wie sehen Sie den Konflikt zwischen den USA und Nordkorea? Nach Nordkoreas Atomtest schließen die USA eine militärische Intervention gegen Nordkorea nicht aus ... Walter Feichtinger: Ich sehe das kritisch, weil es hier um die internationale Sicherheitsordnung geht. Das ist nicht nur ein Konflikt zwischen den beiden Staaten, das betrifft uns alle. Die übergeordnete Frage ist ja die, wie kann die Welt mit jemandem umgehen, der sich völlig außerhalb der internationalen Rechtsordung stellt. Und das macht Nordkorea. Das Land isoliert sich ganz bewusst selbst. Da stellt sich die Frage: Kann das eine negative Beispielwirkung für andere haben. Und es gibt auch einen größeren Zusammenhang geopolitischer Natur, wo die Beziehungen zwischen China und den USA ins Spiel kommen. Das ist eine Gemengelage, die solche Konflikte immer noch kritischer und schärfer machen.
Was ist da jetzt klug, zu tun? Walter Feichtinger: Abrüsten der Worte, Gespräche im Hintergrund, ein Gesprächsformat finden, wo man zu einer zivilen Lösung kommt. Jeder Militärschlag würde in dieser Situation zu einer Eskalation führen. Friede ist leider kein Naturzustand. Es gibt immer wieder Menschen, die glauben, dass sie durch Gewalthandlungen inklusive Kriege ihre Macht, ihren Einfluss erhöhen können und sind dafür bereit, über Leichen zu gehen. Daher ist es so wichtig, in den Frieden zu investieren und auch zu erkennen, dass Friede und Sicherheit keine Selbstverständlichkeit sind, sondern dass sie ständig dafür etwas tun müssen.