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"Wütend und traurig" über den Abschnitt über die Gaben und Stärken der Frau in "Querida Amazonia" hat sich die Theologin und Ordensfrau Sr. Melanie Wolfers geäußert. Das "Evangelium, dass Menschen Geschwister sind und gleich an Recht und Würde", komme in dem nachsynodalen Papstschreiben nicht zum Ausdruck. "Wie soll eine Kirche dieses Evangelium, das die Welt dringend braucht, glaubhaft verkündigen, wenn sie es nicht einmal in ihren Strukturen sichtbar machen kann?", hinterfragte die Salvatorianerin in der Ö1-Sendung "Praxis" (19. Februar). Ähnlich auch die Kritik der Ex-Präsidentin der Katholischen Aktion (KAÖ), Gerda Schaffelhofer, die in der aktuellen "Furche" (20. Februar) das "antiquierte Frauen- und Priesterbild" des Schreibens beanstandet und als "herbe Enttäuschung" bezeichnet.
Die "Glaubwürdigkeit des Glaubens" leide an den eigenen Diskriminierungen der Kirche. "Anthropologisch und theologisch" meldete Wolfers Einwände dagegen, dass die päpstliche Exhortation bei der Verdeutlichung der Rolle und Begabung der Frau auf die "Zärtlichkeit und Kraft" der Gottesmutter Maria verwiesen und somit das Wesen der Frau in der Mutterschaft gesehen habe. Papst Franziskus scheine "nicht wahrgenommen zu haben, was es da inzwischen an Forschung gibt", so die Ordensfrau. Der "Fülle von Charismen", sowie der Freiheit und der Vielfalt des Menschseins entspreche diese Beschreibung keineswegs.
Auch wenn sich der Papst bei seiner Ablehnung der Weihe von Frauen zu Diakoninnen oder Priesterinnen darauf berufe, dass es dafür keine Tradition gebe, so sei dies ein falscher Zugang, befand die Salvatorianerin. Dass man in der katholischen Kirche bis Anfang des 20. Jahrhunderts gar nicht auf die Idee einer Frauenweihe gekommen sei, gehe auf die einst rein patriarchal geprägte Gesellschaft zurück. "Erst als in der anglikanischen und evangelischen Kirche Frauen geweiht wurden, begann die katholische Kirche, Argumente aus dem Hut zu zaubern, die jedoch heute alle widerlegt sind", so die Theologin. Nachsatz: "Es scheint als gilt hier nicht die Kraft des besseren Argumentes."
Schaffelhofer: Papstschreiben reduziert Frauen
Franziskus habe in "Querida Amazonia" keinen Schritt nach vorne gewagt, sondern einmal mehr "die alte Lehre festgezurrt, dass nur ein männlicher Priester Christus repräsentieren, der Eucharistie vorstehen und die Absolution erteilen könne", schrieb Schaffelhofer in ihrem "Furche"-Gastkommentar . Frauen würden "einmal mehr auf ihre bewundernswerte Hingabe reduziert und in eine gefährliche marianische Nähe gerückt". Betont werde etwa die "Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria", nicht aber die Gottesebenbildlichkeit aller Menschen, so die frühere KAÖ-Präsidentin.
Für Frauen könne das Papstdokument somit nur eine Enttäuschung sein, denn: "Was nützt uns die von Papst Franziskus initiierte freie Rede über unsere Probleme in der Kirche, wenn daraus keine Konsequenzen gezogen werden, sondern das Alte nur einmal mehr einzementiert wird?"
Als "authentisch" bewertete Schaffelhofer das Dokument jedoch in punkto der "brennenden Sorge" des Papstes um den Lebensraum Amazonien, was auch seine Kritik an Korruptionsnetzwerken, Konsumverhalten sowie Individualismus beinhalte. Aber auch hier gebe es Leerstellen, befand die Theologin: So sensibilisiere der Papst zwar für den Ökoraum Amazonien, gleichzeitig bewege sich der Papst "keine Millimeter", um dessen Priesternot zu lösen.
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