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Der Antiquitätenhändler kommt mit seinem kleinen LKW-Bus in eine Pfarre. In der ländlichen Gegend sticht das barocke Kirchlein hervor. Im Pfarrbüro klopft der Händler an und bietet gleich seine Dienste an: „Ich räume Ihnen den Dachboden aus, mache ihn besenrein und zahle Ihnen einen guten Preis!“ – So in etwa kann es klingen, wenn ein unseriöser Antiquitätenhändler seine Arbeit macht, erzählt Judith Wimmer vom Diözesankonservatorat. In diesen Tagen ergeht daher eine Warnung an alle Pfarren, Antiquitätenhändlern keine liturgischen Geräte oder sonstige Gegenstände aus dem Kirchenraum oder historischen Pfarrhof zu verkaufen. „Der Verkauf von Kunstgütern sowie sonstigem Inventar mit einem Wert von über 400 Euro braucht sowohl die Beschlussfassung in den pfarrlichen Gremien als auch eine kirchenbehördliche Genehmiung.“ Diese Genehmigung kann nur das Diözesankonservatorat erteilen.
Nicht nur die Freigabe, sondern auch die Bewertung des Kunstguts liegt bei den Experten. Was von kunsthistorischem Wert ist, dafür braucht es Erfahrung und ein geschultes Auge, hat die Praxis gezeigt. Oftmals werden die Kunstgüter von Laien falsch in ihrem Wert und ihrer Bedeutung eingeschätzt, weiß Wimmer zu berichten. Erst kürzlich hat ein Fall im Mühlviertel für Irritation gesorgt: Es sollte bei einer Auktion eine neugotische Kanzel versteigert werden. Die Information dazu lautete, dass sie von keinem besonderen kunsthistorischen Wert sei. „Das ist unrichtig“, sagt Wimmer und erklärt: „Die Kanzel ist Teil der neugotischen Ausstattung der Stadtpfarrkirche Freistadt, die bei einer Regotisierung der Kirche 1875–77 unter Dombaumeister Otto Schirmer angefertigt wurde.“ Es handelt sich dabei um einen Entwurf des früheren Dombaumeister Vinzenz Statz, der den Linzer Mariendom geplant hat. Bis 2017 befand sich die Kanzel im Depot des OÖ. Landesmuseums und kam dann wieder zurück in die Pfarre. Die Kanzel steht unter Schutz, auch wenn sie nicht in Verwendung ist, erklärt Wimmer den Sachverhalt. Es bestehe daher in jedem Fall Anzeigenpflicht.
Die Diözese ist daran interessiert, dass kirchliches Kunstgut auch in einem sakralen Umfeld wieder verwendet wird, damit eine Kanzel nicht etwa als hippe Getränkebar in einem Privathaushalt landet. Im konkreten Fall zeigte sich die Pfarre sofort einsichtig und blies die medial angekündigte Auktion ab. Wimmer weiß aus Erfahrung, dass der finanzielle Schaden oft enorm ist: „Leider sind durch derartige Aktionen auch bisher schon wertvolle Kunstgüter verloren gegangen, wobei die erzielten Preise oft nur einen Bruchteil des tatsächlichen Werts ausmachen“, gibt sie zu bedenken. «
Info: Diözesankonservatorat, Telefon: 0732 99 51 51-45 20, www.dioezese-linz.at/kunst
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