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Sie haben einen persönlichen Bezug zum Bildungshaus Schloss Puchberg durch ihren Vater, Josef Gruber, der Gründungsdirektor war. Gibt es Kindheitserinnerungen, die Sie mit Puchberg verknüpfen?
Andreas Gruber: Natürlich. Der Schlosspark war für meine Brüder und mich ein kleines Paradies. Ich bin auch schon sehr jung – und nicht wirklich mit Absicht – im Teich schwimmen gegangen. Meine Mutter war eine gute Rettungsschwimmerin. Und der Hausmeister warnte uns vor den Geistern auf dem Dachboden des Schlosses.
Das Bildungshaus Schloss Puchberg hat für die Diözese Linz eine starke gestalterische Kraft entwickelt. Was hat in ihrer Wahrnehmung das Bildungshaus ermöglicht, vorangetrieben, sichtbar gemacht?
Gruber: Ich glaube, Puchberg hat ganz gut verstanden und umgesetzt, was Johannes XXIII. als Zielsetzung für das Zweite Vatikanische Konzil formuliert hat: das Aggiornamento, das Ankommen der Kirche im Heute und bei den Lebensrealitäten der Menschen. Dadurch schuf Puchberg innerhalb der Kirche einen gewissen Freiraum. Es gab eine Diskurs- und Dialogbereitschaft, dem anderen wirklich zuzuhören, wie es heute leider kaum mehr vorstellbar ist.
Regisseur Andreas Gruber hat viele persönliche Erinnerungen an das Haus, das er für seine Dialogkultur bis heute schätzt.
Sie haben den Film „70 Jahre Bildungshaus Schloss Puchberg“ gestaltet. Was war Ihnen da wichtig zu zeigen?
Gruber: Ich wollte klar herausarbeiten, dass die Bereitschaft zur (Weiter-)Bildung immer damit beginnt, sich selbst infrage zu stellen und möglicherweise zu ändern. Und das hat nichts mit Selbstoptimierung zu tun. Das ist doch eher Nabelschau. Was tue ich mit meinen Talenten, meiner Befähigung? Mich wohlfühlen? Oder doch in und für die Gemeinschaft einbringen? Weiterbildung stellt immer die grundlegende Frage: Was ist ein gutes Leben? Eine Definition, die mitunter Konsens mit anderen braucht.
Hat Sie selbst etwas überrascht bei der Recherche und beim Machen des Films?
Gruber: Der in einem Schulheft handgeschriebene „Lehrplan“ meines Vaters für die ersten Bildungskurse. Wie viel Wert er auf politische Bildung legte, auf Demokratie- und Staatsverständnis, Grundlagen der Verfassung etc. Das ist für das Jahr 1953 schon sehr bemerkenswert. Und wäre 70 Jahre später wieder dringend notwendig.
Was wünschen Sie dem Haus für die nächsten 70 Jahre?
Gruber: Auf jeden Fall, dass Puchberg nicht in diesen Zeiträumen von 70 Jahren denkt oder gar Vorstellungen dafür entwickelt. Wie viele andere bin auch ich überzeugt, dass die nächsten fünf bis zehn Jahre entscheidend werden. – Und der Masterplan, den wir dafür brauchen, muss zwingend ein großer und gemeinsamer sein.
Vor 70 Jahren machte die Diözese Linz einen mutigen Schritt. Sie kaufte ein Schloss, um jungen Frauen und Männern Bildung zu ermöglichen. Das Bildungshaus Schloss Puchberg ist in den letzten sieben Jahrzehnten zu einer bedeutenden Einrichtung der Erwachsenenbildung auf Landes- und Bundesebene geworden.
Der Journalist Hubert Feichtlbauer schrieb 1991 über Puchberg: „Puchberg: Das war damals unter dem Führungstrio Rektor Wild, Josef Gruber und Eduard Ploier die wichtigste Bildungsstätte für gesellschaftspolitisches Engagement aus christlichem Gewissen, eine Ideenwerkstatt für politisches Um- und Neudenken, eine Kaderschmiede für Gesellschaftsreformer, Brutstätte für geistige Aus- und Aufbrüche.“
Ein breites und niveauvolles Bildungsangebot in den Bereichen Theologie, Gesellschaft, Umwelt, Psychologie und Kunst erwartet die Besucher:innen auch heute. „Gute theologische Erwachsenenbildung anzubieten, die die Menschen auch interessiert, ist heute eine Herausforderung und ich denke, dass uns das in Puchberg ganz gut gelingt“, sagt dazu Helmut Außerwöger, Direktor des Bildungshauses Schloss Puchberg. Am 29. und 30. Juni feiert das Bildungshaus das 70-jährige Bestehen mit Konzerten, Vorträgen und einem Gottesdienst sowie mit einer Filmpremiere von Andreas Gruber.
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