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Am Fr., 25. Juli kommt sie zu Klassik am Dom nach Linz: ein Heimspiel in ihrer Geburtsstadt.
Sie feiern ihr 20-jähriges Bühnenjubiläum. Nach einer längeren Pause sind Sie nun zurück mit einer MTV Unplugged Tour. Sie sind die erste Künstlerin im deutschsprachigen Raum, die von MTV eingeladen wurde, ein Album aufzunehmen. Wie kam es dazu?
Christina Stürmer: Eigentlich wollten wir 2020 ein Album herausbringen. Dann ist uns Corona dazwischengekommen. Danach hat sich 2021 meine zweite Tochter angekündigt und mein zwanzigjähriges Bühnenjubiläum ist näher gerückt.
Ich wollte unbedingt etwas dazu machen: ein Studioalbum oder Aufnahmen mit einem Orchester zum Beispiel.
Kollege Ingo Pertramer hatte dann die Idee, ein MTV Unplugged zu machen. Diese Idee hat sich in meinem Kopf festgesetzt.
MTV war gleich Feuer und Flamme und erst danach habe ich mitgekriegt, dass noch keine einzige Frau, keine deutschsprachige Künstlerin das gemacht hat. Da habe ich mir gedacht: Das kann’s ja wohl nicht sein!
Elf Mal haben Sie als einzige Künstlerin Österreichs den Amadeus Music Award gewonnen. Die Musikbranche ist generell sehr männerdominiert. Das thematisieren auch die Poxrucker Sisters mit dem Projekt #weare, das Künstlerinnen im Brucknerhaus eine Bühne gibt. Wie erleben Sie die Branche?
Stürmer: Ich war schon immer gerne meine eigene Chefin. Früher hieß es oft: „Die Stürmer hat einen Dickschädel.“ Ich finde, ein gesunder Dickschädel ist ja gesund, und ich mag starke Frauen oder Figuren wie Pippi Langstrumpf.
Ich habe erlebt, dass man es schaffen kann, wenn man dranbleibt, aber es stimmt: Die Branche ist sehr männerlastig, viele Entscheidungsträger sind männlich. Langsam verändert es sich, es gibt mehr Produzentinnen, mehr Songwriterinnen, aber da geht sicher noch mehr. Lange Zeit war ich in der Band die einzige Frau, aber auch da hat sich einiges getan. Es gibt jetzt mehr Frauen auf und hinter der Bühne bei mir.
Zurück zu Klassik am Dom. Sie kennen den Domplatz von früher. Sie haben damals in der Nähe – beim Amadeus, heute Thalia – gearbeitet. Was bedeutet es, hier in Linz zu spielen?
Stürmer: Es ist schon etwas Besonderes, hier in Linz zu spielen. Ich bin in das BORG in der Honauerstraße gegangen, später dann in Urfahr in die Berufsschule. Ich habe viel Zeit auf der Lände (Donaulände, Anm. d. Red.) verbracht. Wir sind einfach am Wasser gesessen, haben Picknick gemacht. Ich war viel in Linz.
Zum Konzert werden viele Freunde kommen, die Familie ist dabei. Und nachher hängen wir gleich unseren Oberösterreich-Urlaub an.
In Oberösterreich haben sie ihre ersten musikalischen Schritte gemacht. Wie prägend war diese Zeit für ihre Karriere?
Stürmer: Mein Vater hat in Altenberg einen Chor geleitet, da haben wir auch manchmal in der Kirche gesungen, vierstimmig und a cappella. Mein Chorausflug hat Spaß gemacht, aber ich habe auch gemerkt, dass ich gerne vorne stehe und alleine den Ton angebe. Ich habe mit ca. 10 Jahren Querflöte gespielt, bei Am Dam Jazz dann auch Saxofon. Ganz viele meiner Freunde waren damals auch dabei. Und bei einem Weihnachtskonzert durfte ich dann den „Little Drummer Boy“ singen, was mir aufgrund meines Stimmumfangs (tiefe Lagen) besonders entgegenkam.
Bei diesem Auftritt habe ich, wie man so sagt, Blut geleckt. Mit ca. 16 Jahren, als wir ‚zu cool für die Welt‘ waren, haben wir dann die Coverband Scotty gegründet. – Ich habe sehr viel gelernt in dieser Zeit, das war wahnsinnig wichtig für mich. Es hat mich sehr geprägt.
Sie haben schon als Kind und Jugendliche viel Zeit mit Musik verbracht und auch selbst Instrumente erlernt. Möchten Sie das auch ihren beiden Töchtern weitergeben?
Stürmer: Bei uns zuhause stehen viele Instrumente herum, meine Kinder können alles ausprobieren. Alle Türen stehen ihnen offen. Meine Kinder singen gerne. Aber sie sollen nur das lernen, was sie auch selbst lernen wollen. Ich möchte das nicht auf Biegen und Brechen machen und sie zu etwas zwingen.
Und was das Notenlernen betrifft: Wir haben in der Band keine Noten. Wir haben das alles im Kopf. Bei uns geht es ganz viel um das Zusammenspielen, das Zuhören. Es geht darum, dass man die gleiche Nummer fühlt und sich völlig aufeinander einlässt.
Was kann Musik bewirken? Kann sie die Welt verbessern? Fördert sie Zusammenhalt? Braucht sie der Mensch, um Mensch zu sein?
Stürmer: Ich sage zu allen Fragen ein klares Ja! Musik kann so viel: Sie kann unsere Emotionen lösen, die Stimmung heben, uns niederdrücken. Sie kann uns trösten, sie wärmt das Herz.
Ich habe so viele Menschen getroffen, die mir erzählt haben, was meine Musik bei ihnen ausgelöst hat: Manchen hat sie in ganz schweren Zeiten geholfen, sie hat sie getröstet, manche haben sich Songtexte tätowieren lassen, andere haben zueinander gefunden.
Emotionen sind das eine. Songtexte können auch eine politische Haltung zeigen, Musiker:innen stehen für etwas ein oder stehen für etwas. Wie sehen Sie das?
Stürmer: Wir sind alle Menschen und wir müssen zusammenhalten. Egal, ob wir schön oder weniger schön sind, dick oder dünn, egal welche Hautfarbe wir haben oder welche sexuelle Orientierung. Das versuchen wir auch unseren Kindern weiterzugeben und zu leben. Das gilt im Leben und auch auf der Bühne. Als Künstlerin kann man auf Dinge aufmerksam machen.
Was ich nicht mag, ist Menschen vorzuschreiben, welche Partei sie wählen sollen, oder gar zu hetzen. Lieber hebe ich jene hervor, die super sind, denn meine Devise ist: „Die Liebe muss regieren.“
Das Gespräch führte Elisabeth Leitner
Christina Stürmer bei Klassik am Dom: Fr., 25. Juli
Sängerin
Christina „Christl“ Stürmer ist 1982 in Linz geboren und in Altenberg aufgewachsen. Schon früh kam sie mit Musik in Berührung: Ihr Vater leitete einen Chor, sie sang dort – oftmals auch bei musikalischen Einsätzen in der Kirche – mit. Sie lernte Querflöte und später Saxofon. In der Kinder-Bigband „Am Dam Jazz“ sammelte sie Erfahrung im gemeinsamen Musizieren. Sie durfte dort auch solistisch auftreten. Als Jugendliche gründete sie mit Freunden die Coverband „Scotty“, geprobt wurde in Gallneukirchen. Es folgten zahlreiche Auftritte bei Festen, Hochzeiten und Feiern, bei denen sie als Sängerin und Frontfrau vorne stand. Dann kam Starmania: Im Finale sang Christina Stürmer ihr Wunschlied und verbaute sich damit den Sieg. Danach startete sie ihre beispiellose Karriere als Sängerin.
Die Oberösterreicherin ist heute die erste Künstlerin, die 11 Amadeus Awards gewonnen hat, und die erste deutschsprachige Künstlerin, die zu einem „MTV Unplugged“-Album eingeladen wurde. Mit diesem kommt sie am 25. Juli auf den Domplatz.
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