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Der Maler, Grafiker, Raum- und Objektgestalter Herbert Friedl lebte und arbeitete in Pregarten und Linz und war freischaffend tätig. Er wurde 1942 in Unterweitersdorf als Sohn einer Arbeiterfamilie bäuerlicher Herkunft geboren. Nach Abschluss einer Tischlerlehre und der Höheren Technischen Bundeslehranstalt war er Gasthörer an der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz. Prof. Friedl hat zahlreiche Sakralräume, Meditationsräume, Gedenkstätten, Kreuze und Kreuzwege gestaltet, u. a. die Jägerstätter-Stele im Linzer Mariendom. Als erster Künstler in OÖ hat sich Prof. Friedl konkret mit dem Thema der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinandergesetzt. Mit vielen Persönlichkeiten in der Diözese Linz war er freundschaftlich verbunden. „Ich selbst bin dankbar für Herbert Friedl als Begleiter und Freund“, schreibt Bischof Manfred Scheuer. Auch die KirchenZeitung verliert mit Prof. Friedl einen langjährigen, mit ihr in Freundschaft verbundenen Begleiter.
Bischof Dr. Manfred Scheuer über seinen Freund und Wegbegleiter Herbert Friedl und dessen Kunst:
Kennen gelernt habe ich Herbert Friedl bei der Neugestaltung eines Meditationsraumes im Linzer Priesterseminar. Er hat damals einen Raum geschaffen, der Kosmos und Kreuz verbindet, zur Mitte hin sammelt und nach außen hin offen und transparent ist, einen Raum, der kostbar ist und einfach zugleich. Er verwahrt das Geheimnis, das nicht zu vereinnahmen und zu begreifen ist. Bei der Segnung des von Herbert Friedl gestalteten Jakob Gapp Denkmals auf dem Greisinghof habe ich über die Zerbrechlichkeit und Größe des Zeugnisses der Wahrheit angesichts unter der Wucht und Gewalt der nationalsozialistischen Ideologie gesprochen.
Seine Werke begleiten mich im Alltag. Herbert Friedl ist in meinem Arbeitszimmer und in meinem Besprechungszimmer präsent. Im Festsaal des Bischofshofes sind seit Frühjahr 2017 repräsentative Leihgaben von ihm zu sehen. Herbert Friedl hat für mich den Bischofsstab entworfen, den ich anlässlich meiner Amtseinführung in Linz am 17. Jänner 2016 vom Domkapitel geschenkt bekam. Es ist ein „Strahlenstab“, bei dem der Bergkristall in der Mitte von vielen zarten Verbindungen und Streben gehalten wird. Herbert Friedl dazu: „Das Zarte ist zuweilen stärker als das Starke. Die Krümme des Stabes ist Halt für eine zarte Vernetzung. Wir sind miteinander vernetzt und zugleich gehalten. Der Stein in der Mitte ist Symbol für Christus Jesus, der uns alle verbindet. Die Verbundenheit mit ihm verleiht Strahlkraft.“
Herbert Friedl führt in seiner künstlerischen Sprache mit Klarheit und Sorgfalt zu Grundfragen des Menschseins und des Glaubens. Sein Blick auf die existenziellen Fragen nimmt in seinen Bildern Gestalt an. Mit Radikalität und Kompromisslosigkeit, aber auch mit Behutsamkeit hat er sich als Künstler mit den Gräueln des NS-Regimes auseinandergesetzt. Herbert Friedl vereinnahmt nicht. Er führt behutsam und eindringlich zugleich an die Geschehnisse und ihre Träger heran. Er ist sich der Gefahr der Instrumentalisierung bzw. Ästhetisierung der Darstellung des Schreckens bewusst. Er hört das „Halt“ vor der Verdinglichung und Banalisierung des Grauens. Er weiß aber auch um die Gefahr der Regression in das Vergessen, um die Gefahr der Vergleichgültigung durch die Flucht in die reine Abstraktion. Durch die Darstellung heben sich die Bilder auf die konkreten Personen hin auf, auf ihre Freiheit, ihr Leiden, ihre Trauer, ihre Klage, ihre Scham, ihre Reue. Friedls Bilder wehren der Aneignung fremden Leidens; sie widersetzen sich einer Wahrnehmung, die unterwirft oder selektiert. Es sind Bilder, die den Trost als Licht andeuten, ohne das Gewicht des Leides aufzuheben, ohne die Würde der Opfer zu verraten.
Seinen Werken lastet manchmal eine Schwere und auch Härte an. Ich durfte mit ihm aber auch die Leichtigkeit des Seins erfahren. Er konnte glücklich sein über sportliche Leistungen beim Radfahren oder Bergsteigen. Gerne denke ich an seine Besuche in Innsbruck. Essen und Trinken, Küche, Wein und Kultur konnte er zelebrieren. Und er hat ein Buch über Katzen illustriert. Ich habe ihn erfahren als einsamen Menschen, der Abgründe und Tiefen ausgelotet hat. Zugleich war er dankbar und sehr treu in seinen Freundschaften. Ich selbst bin sehr dankbar für Herbert Friedl als Begleiter und Freund, dankbar für seine Räume und Werke. Möge er jetzt erfahren, womit er gerungen hat: Transformation und Verwandlung, Trost und Licht.
Der Verstorbene wird am Mittwoch, 1. August, um 14.30 Uhr in der Stadtpfarrkirche St. Anna in Pregarten verabschiedet (gemeinsames Gebet am 31. Juli, um 19 Uhr, in der Stadtpfarrkirche).
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