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„Volkskultur begleitet den Menschen durch das ganze Leben“, sagt der Präsident des Österreichischen Volksliedwerks, Alt-Landeshauptmann Josef Pühringer. Es geht um das „Wirgefühl“, das sich in traditioneller Kleidung, Bräuchen und der Sprache ausdrückt. Besonders die Volksmusik sorgt für ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit. „Nicht nur beim Singen mit älteren Menschen können wir diese Momente erleben“, sagt Pühringer.
Eine große Rolle spielt bei der Volksmusik, in welchem Umfeld und zu welchem Zweck sie aufgeführt wird. Konrad Köstlin, Vizepräsident und Leiter der Wissenschaftlichen Kommission des Österreichischen Volksliedwerks, erklärt: „Je nach Verwendung dient Volksmusik als Selbstdarstellung, sie schafft Identität, wird im Tourismus als Werbung gebraucht oder für politische Anliegen instrumentalisiert.“ Beispiele dazu gibt es viele: Arbeits- und Protestlieder, Militärmärsche, Wiegenlieder, Nationalhymnen und so weiter.
Das Thema des unterschiedlichen Gebrauchs wurde in der Sommerakademie etwa in Vorträgen zum jiddischen Volkslied als Form des Widerstands oder auch unter dem Titel „Volksmusik zwischen den Fronten: Zithervereinsspiel im Roten Wien und während des Zweiten Weltkriegs“ behandelt.
Volkskultur ist längst auch ein Geschäft. An Touristinnen und Touristen aus aller Welt werden traditionelle Dirndln und Lederhosen verkauft, es werden ihnen Wiener Schnitzel und Linzer Torte angeboten, oder im Fall von Hallstatt wird gleich ein ganzer Ort zum Museum transformiert.
Volksmusik und Popmusik können harmonisch nebeneinander existieren, sagt Köstlin: „Man kann Volksmusik in Jeans genauso spielen wie Blues in der Lederhose.“ Ein Beispiel für das Aufbrechen solcher Grenzen ist die Gruppe „Von Seiten der Gemeinde“, die sich musikalisch mit ihrer Tiroler Heimat auseinandersetzt. Das Trio vereint Sprachsamples mit schnellem Sprechgesang im Tiroler Dialekt mit modernen Hip-Hop-Beats. Hier zeigt sich sofort, wie sich Heimat über die Art zu sprechen definieren kann und dabei einen volkskulturellen Raum schafft, in den nicht jede/r eintreten kann.
Der Wert des Volksliedes müsse besonders bei den Jungen gestärkt werden, sind Pühringer und Köstlin sich einig: „Wir haben hier ein großes immaterielles Kulturerbe, das gelebt und praktiziert werden muss.“ Unter anderem wurde deshalb gemeinsam mit Hubert von Goisern das Schulprojekt „Komm, wir singen!“ ins Leben gerufen. Schüler/innen interpretieren dabei ausgewählte Volkslieder in Musik- und Tanzprojekten. Diese sollen den Horizont der Kinder und Jugendlichen erweitern. Pühringer fasst das mit den Worten des 1985 verstorbenen Volkskundlers und Politikers Hanns Koren zusammen: „Heimat ist nicht Enge, sondern Tiefe.“
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