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Wie sinnvoll doch das konsequente Sammeln von Millionen und Abermillionen Daten sei, darüber waren sich die rund 600 Kongressteilnehmer/innen aus allen oberösterreichischen Ordensspitälern einig. Der Referent Viktor Mayer-Schönberger berichtete von dem Problem, dass zu früh geborene Kinder häufig an Infektionskrankheiten litten, ohne dass man wisse, was der Auslöser sei. Oft sterben sie daran. In den USA wurden Unmengen an Daten über die Vitalfunktionen der Frühchen wie Herzfrequenz, Puls und vieles mehr gesammelt und analysiert, bis man schließlich das Muster einer bevorstehenden Infektion erkannt hatte. Jetzt können diesen Kindern rechzeitig vorab Antibiotika verabreicht werden. Die früh einsetzende Behandlung rettet vielen Babys das Leben.
Riesige Datenmengen ermöglichten einen neuen Blick auf die Welt und trügen dazu bei, bessere Entscheidungen zu treffen, ist das Credo von Mayer-Schönberger. Die gezielte Behandlung von Frühchen ist für ihn ein sprechendes Beispiel. Und es ist mit Daten noch viel mehr möglich. Der Professor am Oxford Internet Institute weist darauf hin, dass man mit den sich im Internet befindenden Daten erheben könne, wie zuverlässig Menschen ihre Medikamente nähmen. Aufgrund dieses Wissens können zum Beispiel Patientinnen und Patienten früher aus dem Spital entlassen werden, was natürlich der Gesellschaft Geld spart. Über die Analyse der Anfragen in seiner Suchmaschine kann Google auch in Echtzeit festellen, in welchem Landesteil der USA und wie schnell sich ein Grippevirus ausbreitet. Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde könne das auch – aber jeweils mit 14 Tagen Verspätung, betont der Oxford-Professor.
Wer Daten hat, hat Wissen. Und genau hier liegt das Problem: Die Daten hat nur eine Handvoll großer Unternehmen, unter ihnen Google, Amazon und Facebook. Diese Daten sind Goldes wert, wenn man auf die Börsennotierung dieser Konzerne schaut. Mayer-Schönberger plädiert auch im Gesundheitsbereich für die Zusammenarbeit mit den Internetriesen. Er weiß um das Unbehagen diesen Konzernen gegenüber und um das Problem des Datenmissbrauchs. Die Vorkommnisse rund um die Wahl des US-Präsidenten werden gerade untersucht. Und dennoch: Die Kooperation ist für ihn der einzig sinnvolle Weg. Man müsse Vertrauen schaffen und durch klare Strukturen und Vorgaben Verantwortung sicherstellen, so der Experte.
In Verbindung mit der Datenmenge spricht Mayer-Schönberger ein heikles Thema an: Aufgrund der Fähigkeit, ungleich mehr Daten als ein Mensch verarbeiten zu können, ist der beste Pokerspieler der Welt ein Computer. Könnte man den Computer, der
1,8 Millionen Bilder von der menschlichen Haut gespeichert hat und neue Aufnahmen in kürzester Zeit analysieren kann, nicht als den besten Hautarzt der Welt bezeichnen? Das sieht der Radiologie Florian Jungmann aus Mainz anders. Sein Fach war von Anfang an für die Digitalisierung offen, und es gibt so gut wie kein analoges Röntgenbild mehr. Aber er hat keine Angst, dass der Computer einmal seinen Arbeitsplatz wegrationalisert. Er kann sich vorstellen, dass ihm der Computer rasch und unkompliziert eine ärztliche Zweitmeinung liefert.
Angelpunkt der Digitalierung im Gesundheitsbereich sei der Umgang mit Daten, betont Petra Grimm. Die deutsche Verbraucherschutzzentrale habe festgestellt, dass 16 von 19 Fitness-Apps Daten an Drittanbieter sendeten, so die Leiterin des Instituts für Digitale Ethik in Stuttgart. Menschen würden im großen Stil – unbewusst und doch freiwillig – zu Datenspendern. Unabhängig von ethischen Einzelfragen macht Grimm darauf aufmerksam, dass die Digitalsierung unausweichlich dazu beitrage, dass das menschliche Wertesystem verstärkt unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gesehen werde. Das stelle eine enorme Herausforderung für die Ethik des Gesundheitswesens dar. Die Diskussion darüber steht erst am Anfang.
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