Eine Traumschwangerschaft, eine komplikationslose Geburt, wenige Tage im Krankenhaus. Dann mit dem gesunden Baby nach Hause, und das Familienleben kann beginnen. So oder so ähnlich stellen es sich die meisten werdenden Eltern vor. Auch Petra Rodenbach aus Wels gehörte dazu, doch alles kam anders.
Sofort, nachdem ihre Tochter Emilia auf die Welt kam, wurde sie auf die Intensivstation gebracht. Das kleine Mächen atmete nicht sofort, hatte außerdem Krampfanfälle. Stunden vergingen, in denen die Jungeltern ihr Neugeborenes weder sahen noch genau wussten, was los war. „Es gab dann ein Gespräch mit einem Arzt, der aber nur vage Aussagen machte“, erzählt Petra Rodenbach.
Nach zehn Tagen war Emilia stabil und ihre Eltern konnten sie mit nach Hause nehmen. Die Ärzt:innen hätten ihr geraten, Emilia vorsorglich zur Physiotherapie zu schicken, um Folgeschäden abzufangen – was die Familie dann auch tat. Da war allerdings immer noch nicht ganz klar, was mit Emilia genau los ist.
Die ersten Monate dachten Petra Rodenbach und ihr Mann noch, alles würde normal werden, doch dann erfuhren sie von der Physiotherapeutin Folgendes: „Emilia ist spastisch. Sie wird große körperliche Beeinträchtigungen haben, wird weder gehen, stehen oder sitzen können und auch keine Sprache erlernen.“ – „Das vor den Latz geknallt zu bekommen, war hart“, erinnert sich Petra Rodenbach.
Emilias genaue Diagnose lautet Infantile Cerebralparese, kurz ICP. Es handelt sich dabei um eine Störung des Haltungs- und Bewegungsapparats aufgrund einer Schädigung des Gehirns im Mutterleib oder im Säuglingsalter.
„Mein Mann meinte, das ist nun so, wir müssen mit dieser Situation jetzt umgehen.“ Genau das tat Familie Rodenbach dann auch.
Unterstützungsmöglichkeiten gibt es viele, sagt Petra Rodenbach: „Das Angebot ist wirklich überwältigend. Physiotherapie, Frühförderung, spezielle Kindergärten, Therapien, die motorische Erfolge versprachen. Wir haben uns das ausgesucht, was für uns passend ist.“ Was Petra Rodenbach unter anderem viel Energie gibt, sind die Kinderreha-Aufenthalte in Bad Radkersburg. Dort werden die Kinder betreut, während die Eltern Zeit für sich haben.
Für Petra Rodenbach hätte es keinen Unterschied gemacht, wenn sie vorher gewusst hätte, dass Emilia eine Beeinträchtigung haben wird. „Es gab da diesen Schlüsselmoment. Ich habe geträumt, dass die Ärzte anrufen und mir sagen, sie hätten das Baby vertauscht. Ich solle kommen und mir das richtige abholen. Ich sagte, ich gebe sie nicht her.“
Auch wenn es anstrengend war und ist – Emilia ist heute 19 Jahre alt und braucht ständig jemanden, der sie betreut –, sei es auch immer wieder schön.
„Die Geburt von Olivia und später Charlotte hat uns enorm geholfen, uns als Familie zu finden“, sagt Petra Rodenbach über ihre zwei jüngeren Töchter. Olivia ist 14, Charlotte zwölf Jahre alt. Beide haben keine Beeinträchtigung.
„Ich glaube, mit den Geschwistern hat ein Heilungsprozess angefangen. Es ist ein Segen, dass die beiden da sind.“ Anfangs sei sie unsicher gewesen, wie das für Olivia und Charlotte sein würde, wenn andere sehen, dass sie eine Schwester mit Beeinträchtigung haben. Die Sorge scheint jedoch unbegründet: „Die drei Schwestern haben eine gute Beziehung zueinander, Olivia und Charlotte sind stolz auf Emilia. Sie hat den beiden immer so gerne zugeschaut, wenn sie etwas gemacht haben. Das war eine große Bereicherung.“
Emilia besucht derzeit eine Werkstätte des Instituts Hartheim in Strassham. „Die Klient:innen sind sehr durchmischt, es gibt junge und alte, mehr oder weniger beeinträchtigte. Es gefällt Emilia dort sehr.“ Das einzige, was noch schwierig sei, ist, wenn Emilia woanders als zu Hause schlafen soll. „Es gab schon ein paar Übernachtungen in Hartheim, doch das hat noch nicht optimal funktioniert“, sagt Petra Rodenbach.
Sie hofft, dass ihre Tochter irgendwann in einem Wohnarrangement unterkommt, wo es ihr gefällt. „Ein Auszug kann für beide Seiten eine Bereicherung sein. Einerseits, weil die Familie wieder mehr Freiheit erlangt, und andererseits auch für die beeinträchtigte Person, weil es ein natürlicher Vorgang ist, dass man irgendwann nicht mehr bei den Eltern wohnt.“
Wenn man Eltern wird, ist nichts mehr, wie es vorher war, sagt Petra Rodenbach: „Bei jeder Entscheidung muss man berücksichtigten, wie sich das auf die Familie auswirkt. Das ist mit einem Kind mit Beeinträchtigung noch extremer.“ Auch die Perspektive verändert sich: „Vieles ist nicht so wichtig, was vielleicht für andere wichtig ist. Wir wissen mit Überzeugung, dass es nicht darum geht, ein perfektes Kind zu haben, sondern ein glückliches, und auch Kinder mit Beeinträchtigung können sehr glücklich sein und einen sehr glücklich machen.“
Diese Erfahrung teilen viele Eltern der Ausstellung „Wunschkind“, die ab 28. März im Institut Hartheim in Kooperation mit sicht:wechsel gezeigt wird. Pränatalmediziner:innen schätzen, dasss sich neun von zehn Schwangeren gegen ein Kind mit Beeinträchtigung entscheiden. In der Ausstellung porträtiert der Fotograf Klaus Heymach Eltern, die sich bewusst für ein Kind mit Down-Syndrom, Trisomie 18 oder Spina Bifida entschieden haben.
Vernissage: Di., 28. 3., 18.30 Uhr, Schloss Hartheim, Schlossstraße 1
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