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Brote werden geschmiert, Getränke zubereitet und eingepackt. Dann macht sich Schwester Ada mit anderen Freiwilligen auf den Weg zu den Obdachlosen in den Straßen Athens. Mit im Gepäck hat die Steyler Missionarin und ausgebildete Krankenschwester auch immer selbsthergestellte Salben und Verbandmaterial. So kann sie Verletzungen und Wunden direkt auf offener Straße versorgen.
Schwester Ada ist 2017 nach Athen aufgebrochen. Dort arbeitet die gebürtige Steirerin aus Ranten gemeinsam mit vier anderen Steyler Missionarinnen aus Indien, Argentinien und Polen eng mit dem Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) und deren Freiwilligen zusammen. Hinzugehen, wo Menschen in Armut leben und Not leiden, das ist die Aufgabe der Steyler Missionsschwestern. Sie tun das aus tiefster Überzeugung und mit hingebungsvollem Herzen. Helfen, wo es möglich ist. Zuwendung geben. Ein Lächeln schenken. Trost spenden. Wunden heilen. Da sein.
Die Zahl der Flüchtlinge in Griechenland hat seit der Ankunft der Schwestern stark zugenommen, vor allem in den vergangenen Monaten. Gleichzeitig ist die Präsenz der Polizei in den Straßen Athens rapide gestiegen – auch in dem Armenviertel am Rande der Metropole, in dem die Schwestern in zwei Häusern Flüchtlingshilfe leisten. Eines davon ist ein Tageszentrum der Jesuiten für Frauen und Kinder, in denen Beratungen und Hilfe mit verschiedenen Aktivitäten auf dem Programm stehen. Zweimal wöchentlich bieten abwechselnd ein Arzt und eine Ärztin medizinische Betreuung. Im zweiten Haus, in dem die fünf Schwestern auch wohnen, werden Sprach- und Computerkurse angeboten. Sehr beliebt ist bei den Leuten eine Tee-Zeit, die nachmittags an zwei Tagen in der Woche für Männer und Frauen mit ihren Kindern genutzt werden kann. Es ist ein sicherer Platz, um Gespräche zu führen, Tee zu trinken und auch zu spielen, zu malen, zu basteln. Täglich finden sich hier 150 bis 200 Besucher ein – Flüchtlinge, auch aus entfernten Lagern, und Obdachlose aus der Gegend. Die Kranken kommen zu Schwester Ada. Bis zu 20 Menschen täglich werden von der 80-jährigen Ordensfrau liebevoll betreut.
Oft sind die Steyler Schwestern auf den Straßen der griechischen Hauptstadt unterwegs, wo sie Menschen begegnen, die am Rande der Gesellschaft leben. „Immer wieder sehen wir Leute, die in Abfall-Containern nicht nur nach Essen oder Kleidung suchen, sondern auch nach Papier und Metall, da sie dafür etwas Geld bekommen“, sagt Schwester Ada. Zudem prägen Flüchtlingskinder, die nicht selten alleine und verzweifelt ihr Dasein fristen, das Straßenbild. „Viele von ihnen haben einen schrecklichen Weg hinter sich; einige verloren ihre Eltern und Geschwister – entweder in den Kriegsgebieten ihrer Heimat oder bei der gefährlichen Fahrt übers Meer nach Europa“, erzählt Schwester Ewa, die Leiterin der Schwesterngemeinschaft in Athen.
Doch nicht nur die Zahl der Migranten in Griechenland ist größer geworden – auch das Leid und die Not der Menschen, die vor allem aus Afghanistan, Syrien und dem Iran kommen. Die neue konservative Regierung des Landes, die eine strengere und härtere Migrationspolitik fährt als die vorherige, habe bislang keinen klaren Plan bezüglich der aktuellen Situation, sagt Schwester Ewa. Die Lage für die Flüchtlinge in Athen sei laut der Steyler Missionarin angespannt und schwierig, auch hinsichtlich der Unterkünfte; doch hier immer noch besser als auf den griechischen Inseln, wo es kaum Chancen für Unterstützung gibt.
Was als Flüchtlingskrise im Jahr 2015 begann, „verwandelte sich im Laufe der Jahre in eine lange, unendliche Geschichte des Leidens“, sagt Schwester Ewa. Laut Schätzungen des UNHCR sind 2019 mehr als 74.000 Not leidende Menschen, die vor Krieg und Armut in ihrer Heimat geflohen sind, in Griechenland angekommen. Davon verharren mehr als 38.000 Migranten auf fünf Ägäischen Inseln: Lesbos, Samos, Leros, Kos und Chios. Sie warten dort oft Jahre auf ihren Asylantrag. „Das ist eines der größten Probleme der Menschen“, sagt Schwester Preethi, eine der fünf Steyler Missionarinnen. Die Lebensbedingungen in den völlig überfüllten Flüchtlingslagern sind katastrophal. Im Camp Moria auf Lesbos befinden sich laut UNHCR-Schätzungen mehr als 18.000 Menschen; im Lager auf Samos mehr als 7000. Freiwillige der Steyler Missionsschwestern schätzen, dass auf Samos 5000 Geflüchtete, die im offiziellen Lager keinen Platz finden, unter extremen Bedingungen außerhalb des Camps in den Wäldern und Olivenhainen dahinvegetieren. Ähnlich ist es auf Lesbos; dort sind die Zahlen, die generell variieren, noch höher.
Schwester Ada erzählt von Father Toni. Der Jesuit lebt auf Samos und ist mit Flüchtlingen in Kontakt. Er berichtete, dass die hygienischen Bedingungen im „Dschungel“, wie das Lager genannt wird, völlig unzureichend, Bettwanzen und Krätze gang und gäbe seien. Nur vier Toiletten stünden den Frauen zur Verfügung, die 22 Prozent der Bevölkerung im Camp ausmachen. Tausende dieser schutzbedürftigen Menschen, darunter viele Kinder, hätten so gut wie keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Es gäbe nur einen Arzt, einen Psychologen und ein bedenklich überfülltes lokales Krankenhaus.
Hinsichtlich der dramatischen Situation ist Schwester Ada der Meinung, „Europa muss die Türen öffnen und auch andere europäische Länder sind gefordert, Flüchtlinge aufzunehmen.“ Schwester Preethi fügt hinzu, sie wünscht sich, „dass eines Tages alle Grenzen verschwinden und alle Menschen, egal welcher Religion, Nationalität oder Kultur sie angehören, als eine Menschenfamilie in Frieden, Glück, Sicherheit, Wohlstand und Würde leben können.“
Griechenland plant, Kunststoff-Barrieren in der Ägäischen See zu installieren, um den primären Seeweg von der Türkei nach Griechenland zu blockieren und sich so vor Migranten abzuschotten. „Die griechische Bevölkerung ist müde, Flüchtlinge zu unterstützen“, sagt Schwester Ewa. Die Ordensfrauen haben dafür Verständnis. Doch die Mission der Steyler Schwestern ist ganz klar die Hilfe für die Flüchtlinge, die sich in einer katastrophalen Lage befinden und „die zum Spielball der Politik gemacht werden“, sagt Schwester Ewa.
Immer wieder setzt die griechische Polizei an der türkischen Grenze Tränengas gegen Migranten ein, die im Zuge der Eskalation des militärischen Konflikts in Nordsyrien an die Grenze zu Griechenland geflüchtet sind. Die Schwestern sehen die Situation sehr problematisch. Die Menschen hätten Angst vor einem Krieg zwischen der Türkei und Russland. „Wir müssen noch mehr für den Frieden in der Welt beten. Ich bin froh, dass Gott uns hierher gebracht hat, um die Flüchtlinge demütig zu begleiten. So haben wir die Möglichkeit, nicht nur Zuschauer des Lebens anderer zu sein. Lösungen für diese politische Krise haben wir Schwestern nicht. Aber wir können unsere Herzen öffnen und unsere Hände reichen, um zu helfen.“
Die Steyler Missionsschwestern bieten einen besonderen europäischen Freiwilligendienst im Bereich der Flüchtlingsarbeit an den Rändern Europas an (Mission Beyond Borders, MBB).
Infos: http://www.ssps.at/missionarin-auf-zeit.html
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