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Alois Birklbauer ist Universitätsprofessor für Strafrechtswissenschaften an der Johannes-Kepler-Universität Linz. In diesem Semester hält er die „Maximilian-Aichern-Vorlesung“ an der Katholischen Privatuniversität, die jedes Jahr soziale und politische Fragen im Kontext der katholischen Soziallehre zum Thema macht.
Strafen werden wegen der Schuld verhängt. Das Strafmaß bemisst sich nach dem Ausmaß der Schuld. In den letzten 15 Jahren wurden viele Passagen im Strafrecht verschärft. Eine Tendenz sei, dass Delikte gegen Leib und Leben nun stärker bestraft werden sollen als Vermögensdelikte, sagt Strafrechtsexperte Birklbauer.
„Obwohl es keine empirische Evidenz gibt, dass Strafen präventiv wirken, wird das Strafrecht kaum in Frage gestellt“, sagt Birklbauer. Den „rational kalkulierenden Verbrecher“ gebe es nicht. Das Ausmaß der Strafe wirke nicht verhaltenssteuernd.
So nennt der Experte die Vervierfachung der Strafdrohungen bei Cybercrimes eine „punktuelle Showmaßnahme“ der Politik, die nichts bringe. Für mehr soziale Gerechtigkeit im Strafrecht sei in den letzten Jahren wenig passiert. „Damit gewinnt man keine Wahlen“, sagt Birklbauer.
In Österreich nimmt man gemeinhin an, dass jemand, der oder die sich keine Anwältin oder keinen Anwalt leisten kann, eine Rechtsvertretung vom Staat gestellt bekommt. Dem ist in vielen Fällen aber aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen und mangelnder Ressourcen nicht so. Zwei Drittel aller Verfahren gegen sozial Bedürftige finden ohne Verfahrenshilfe statt, berichtet Birklbauer.
Eine Gesetzesnovelle vor wenigen Jahren brachte zusätzlich eine Verschlechterung. Um als beschuldigte Person mit einem Einkommen unter dem Existenzminimum Verfahrenshilfe zu erhalten, genüge es jetzt nicht mehr, das „Juristendeutsch“ nicht zu verstehen, sondern es müssten besondere Gründe wie eine Behinderung vorliegen.
Ein besonderes Problem stelle die erste polizeiliche Einvernahme dar, denn dafür gibt es keine Verfahrenshilfe. Dort werden vielfach die Weichen für das weitere Verfahren gestellt. Um da nicht ohne Rechtsvertretung dazustehen, muss man in Oberösterreich an die 1.000 Euro bezahlen können – und zwar sofort.
Birklbauer nennt diese Situation eine „unerträgliche Ungerechtigkeit“ und erinnert daran, dass es Jahrhunderte gedauert habe, bis Beschuldigte in einem Gerichtsverfahren einen für sie parteilichen Rechtsbeistand bekommen hätten. „Sozial gerechte Strafverfahren sind zum Wunschtraum geworden“, resümiert Birklbauer.
Hilfreich für mehr soziale Gerechtigkeit im Strafsystem sei, so Birklbauer, dass im Vermögensstrafrecht 2016 die gewerbsmäßige Tatbegehung neu geregelt wurde.
Verbesserungspotenzial sieht er bei der Anwendung der Geldstrafe statt der Freiheitsstrafe. Geldstrafen sind möglich, wenn nicht mehr als ein Jahr Strafdrohung für das Delikt besteht, sie wirken weniger desozialisierend als ein Gefängnisaufenthalt. Es gebe starke Indizien dafür, dass Gerichte bei schlechten sozialen Verhältnissen auf (bedingte) Freiheitsstrafen ausweichen.
Wirksame Prävention finde außerhalb des Strafrechts statt, sagt Birklbauer. Das sei teurer. Solle es beispielsweise weniger jugendliche Straftäter geben, müsse man Jugendlichen eine Chance auf soziale Integration geben. Werteerziehung und Beziehungsarbeit im Bildungsbereich brauche aber ausreichend Personal.
Birklbauer gibt aber zu bedenken, dass jede Straftat auch viel koste und oft enorme Traumatisierungen bewirke. „Dort wo es einen hohen sozialen Standard gibt, ist die Kriminalität gering“, sagt der Universitätsprofessor.
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