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„Und eins und zwei und drei und vier!“ Frau Kramer, die Tanzlehrerin, ist heute wieder besonders streng, denn schon in ein paar Tagen wird es losgehen, und die Kinder müssen dafür noch fleißig trainieren. Sie sollen ihre Tänze schließlich federleicht und unbeschwert in die Luft setzen.
Einmal mehr tanzt die kleine Lea aus der Reihe. Sie mag nicht mehr üben. „Warum muss ich so viele Schritte lernen, nur damit ich zur Erde fliege?“, fragt das kleine Schneeflockenmädchen trotzig und stellt sich breitbeinig vor die Lehrerin. Frau Kramer rollt die Augen und schnauft dabei ganz schwer. „Lea, wie oft hab ich es dir schon erklärt: Die Kinder auf der Erde wollen die Schneeflocken tanzen sehen. Sie haben eine große Freude daran, wenn wir anmutig und weich durch die Luft schweben und uns sanft niederlassen. Das ist nun einmal unsere Aufgabe. Und daran kann ich nichts ändern!“
Widerwillig stellt sich Lea zurück in die Reihe und folgt wieder den Anweisungen der Lehrerin. Aber mit ihren Gedanken ist sie ganz woanders. Wie so oft träumt sie davon, dass ihre Reise zur Erde nicht so ein langweiliges Schweben und Tanzen ist. Lea wäre ein wilder Ritt viel lieber. Der Wind soll sie ordentlich hin und her blasen, dann wären auch keine komplizierten Tanzschritte mehr nötig. Das würde der kleinen, wilden Lea viel besser gefallen.
Zwei Tage später heißt es dann endlich: „Abflug!“ Die Schneeflockenkinder haben sich extra fein herausgeputzt und glänzen wie kleine Sterne. Es ist ihre erste Reise zur Erde und sie sind daher auch ziemlich aufgeregt.Besonders Lea hat nun Lampenfieber. Jetzt ärgert sie sich fast, dass sie zu wenig trainiert hat – denn ein Blick hinaus zeigt, dass es ein schöner Tag wird, genau richtig, um die erlernten Tänze vorzuführen. Auf Frau Kramers Kommando hin fliegen die Schneeflocken ab, eine nach der anderen. Lea versucht tapfer, mit den Schritten der anderen mitzuhalten. In ihrem Eifer bemerkt sie gar nicht, wie plötzlich ein Sturm aufkommt. Wild bläst er die kleinen Flöckchen vor sich her. Alle purzeln durcheinander, werden richtig schwindelig, und an ein Tanzen ist nicht mehr zu denken. Lea sollte nun eigentlich überglücklich sein, ihr Traum ist in Erfüllung gegangen. Nur, so arg hat sie sich das nicht vorgestellt. Angst überkommt sie plötzlich, und sie ist heilfroh, als der Sturm etwas nachlässt. Schon bald ist es nur noch ein leichter Wind, und Lea atmet erleichtert auf. „Puuhh, gerade noch gut gegangen“, rufen sich die Schneeflockenkinder gegenseitig zu und beginnen wieder zu tanzen. Und dieses Mal ist Lea die Eifrigste. Sie macht ein zierliches Schrittchen nach dem anderen und ist überrascht, wie einfach es doch geht. Da hört sie von unten auch schon fröhliche Kinderstimmen rufen: „Schaut, wie schön die Schneeflocken heute tanzen!“ Lea lächelt. Wer hätte gedacht, dass es ihr einmal so viel Spaß machen würde, zu tanzen?
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