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Es ist ja nicht so, dass die negativen Seiten des Lebens erst mit 50, 60 oder 70 Jahren beginnen. Jedes Alter hat seine Vor- und Nachteile. Bisher hat man das alles gut bewältigt. Warum sollte man sich also jetzt, wo man genug Lebenserfahrungen gemacht hat, davon unterkriegen lassen, dass man nicht mehr so mobil ist oder dass es da und dort zwickt? „Ja, wir werden älter. Aber wir können darauf achten, dass wir dabei auch Spaß haben“, ist das Motto der Lebensberaterin.
„Schauen wir auf das, was jetzt möglich ist, und nicht auf das, was nicht mehr geht. Wie oft hat man früher gesagt: ,Dazu hab ich keine Zeit‘“, meint Christine Radler. Genau dafür, zum Beispiel zum Handarbeiten, Garteln oder für einen Kinobesuch muss man sich jetzt nicht mehr stressen. Im Gegenteil. Man kann seine Hobbys und Interessen so richtig ausleben. Sogar ganz neue Projekte sind nun möglich. „Vielleicht hätte man am liebsten schon vor vielen Jahren gerne gemalt oder Klavier gespielt. Neben dem Job und der Familie ging das halt nicht. Jetzt endlich ist die Zeit dafür reif.“
Das gemütliche Heim zu genießen, hat sicherlich auch seine schönen Seiten. Aber wer sich nicht aufrafft und unter Leute geht, wird rasch einsam. „Da ist es sehr hilfreich, wenn man zeit seines Lebens Freundschaften gepflegt hat. Sich zu treffen und auszutauschen, ist ganz wichtig. Der Mensch ist ja von Natur aus ein soziales Wesen. Gerade wenn diese Kontakte nach dem Berufsleben weniger werden, muss man eben selbst aktiv werden“ – die Aufforderung von Christine Radler ist eindeutig. Speziell im kirchlichen Umfeld ortet sie viele gute Möglichkeiten für neue Kontakte und Begegnungen.
Das, was früher der Arbeitsalltag gemacht hat, nämlich den Tag eingeteilt, das muss man nun selbst tun. „Ich halte gar nichts davon, einfach in den Tag hineinzuleben. Sich treiben lassen ist vielleicht eine kurze Zeit reizvoll. Aber mit der Zeit kommt dann der Frust und man fällt in ein riesiges Loch“, meint Radler. Neue Fixpunkte gehören also ins Leben eingebaut. „Das können Markttage genauso sein wie Kurse, Vorträge oder regelmäßige Kaffeerunden.“
Trotzdem. „Menschen, die ihren Partner oder ihre Partnerin zu betreuen haben, wenden hier vielleicht ein, ich hätte leicht reden. So einfach geht das alles nicht“, weiß Radler. „Doch gerade sie sollten auch auf sich schauen.“ Selbst kurze Auszeiten, die man sich mithilfe der Familie oder einer mobilen Pflege nehmen kann, seien extrem wichtig. „Es nützt niemandem, wenn man als Pflegende oder Pflegender fast kaputtgeht. Man darf und soll ohne schlechtes Gewissen an den Freuden des Lebens teilhaben.“
Es ist kein Fehler, wenn man rechtzeitig damit beginnt, die Wohnung barrierefrei zu gestalten. Weg mit möglichen Stolperfallen und Hindernissen, die Dinge des täglichen Gebrauchs in Reichweite platzieren und eventuell das Bad umgestalten. Treppen sollte man besonders im Auge haben. Dann kommt man später einmal trotz Rollator oder Rollstuhl noch raus, trifft Menschen und hat Spaß dabei.
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