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Individuell geschmückt, gleicht oft kein Pilgerstab dem anderen.
Der Pilgerstab hat große historische und traditionelle Bedeutung, sagt Pilgerbegleiterin Andrea Reisinger aus der Diözese Linz. Im „Liber Sancti Jacobi“, einem Pilgerführer aus dem 12. Jahrhundert, wird der Pilgerstab als „dritter Fuß“ des Pilgers bezeichnet. Einerseits bezieht sich das auf seinen praktischen Nutzen als Halt und Stütze, aber auch als Schutz vor streunenden Hunden oder Straßenräubern – ein Problem, das heutzutage zum Glück kaum mehr vorkommt.
Andererseits verbindet der Stab auch Himmel und Erde miteinander und ist spirituelle Stütze, sagt Pilgerbegleiter Franz Muhr. Meist besteht der Stab aus Haselnussholz, aber nicht immer. Der Schmuck setzt sich aus verschiedenen Pflanzen zusammen, je nach Jahreszeit, ergänzt oft durch Bänder, das Symbol des jeweiligen Pilgerwegs (wie die Muschel beim Jakobsweg oder das Via-Nova-Symbol).
Bei den Pflanzen werden zum Teil ähnliche wie beim Palmbuschen verwendet, etwa Buchs (Symbol für ewiges Leben), Efeu (verhaftet sein im außen), Wacholder (weibliche Energien), Stechpalme (männliche Energien). „Im Sommer werden verschiedene Kräuter verwendet oder was man auf dem Weg findet und gut dazu passt“, sagt Muhr.
„Die Bänder“, ergänzt Reisinger, „symbolisieren Zusammenhalt, Anbindung, Verstärkung und Verbindung untereinander und auch mit Gott.“
Reisingers Pilgerstab ist regenbogenfarben, oben ist eine kleine Schnecke platziert, ähnlich wie beim Bischofsstab. „Das steht symbolisch für die Frauen und welche Aufgaben sie in der Kirche übernehmen können und dürfen“, sagt sie. Muhr pilgert mit einem Stab versehen mit dem Via-Nova-Symbol und den erwähnten „Grundzutaten“ des Palmbusches, ergänzt je nach Jahreszeit zum Beispiel durch Mistel oder Ähren.
Usha Wintersteller aus Salzburg hat zwei Pilgerstäbe: „Meine beiden Pilgerstäbe sind ein persönliches Geschenk aus dem Waldbestand eines guten Freunds. Einer stammt von einer Hollerstaude und der andere von einem Haselstrauch.“ Der Hollerstab besitze eine ihm eigene Struktur, liege anders in der Hand, sei leichter. Wintersteller benützt ihn grundsätzlich ungeschmückt. „Mit diesem verbindet mich ein eher tieferes Gefühl, vielleicht so etwas wie eine Seelenfreundschaft.“
Der „Haselstecken“ wiederum eignet sich durch seine kleine Gabelung sehr gut zum Schmücken: „Dieser ist eher der ‚gesellige‘, und die Mitpilger:innen tragen ihn auch immer sehr gerne abwechselnd auf dem Weg“, sagt Wintersteller.
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