REZEPT_
Sobald sich mehrere Personen begegnen, treffen auch mehrere Meinungen aufeinander. Manchmal stimmen sie überein, manchmal ist die Differenz nicht allzu groß, manchmal sind sie weit auseinander. Immer aber gilt, alle zu respektieren.
Eine nach den Feiertagen vielen Eltern bekannte Situation: Ein Kind bekommt einen Zug, der natürlich sofort zusammengebaut werden muss. Die Frage des Kindes: Kann das Bauwerk im Wohnzimmer aufgestellt werden oder im Spielzimmer im Keller? Der eine Elternteil möchte neben Christbaum und allen anderen Geschenken nicht noch mehr Stolperfallen haben. Der andere Elternteil fühlt ähnlich, sieht zusätzlich jedoch noch das Bedürfnis des Kindes, nicht allein im Keller spielen zu wollen, sondern bei der Familie zu bleiben.
Es zeigt sich: Drei Personen – drei Meinungen bzw. drei Bedürfnisse. Wie also ist der optimale Umgang mit dieser Situation? Grundsätzlich gilt, Eltern müssen nicht zu 100 % der gleichen Meinung sein. Natürlich ist es für die Erziehung günstig, wenn grundsätzlich ähnliche Haltungen bestehen.
Jedoch sind Meinungsunterschiede für Kinder nicht automatisch von Nachteil. Denn so lernt es, dass – egal in welchen Beziehungen – unterschiedliche Meinungen bestehen dürfen, und wenn notwendig eben Kompromisse gebildet werden müssen. Wenn die Eltern es nun zusätzlich noch schaffen, ihre Meinungen gut vor dem Kind zu besprechen, dem anderen nicht einfach in den Rücken zu fallen oder gar in einen Konflikt zu gehen, ist auch dies ein wichtiger Lernprozess für ein Kind.
In dem beschriebenen Beispiel waren beide Elternteile von Anfang an bei der Diskussion anwesend. Aber natürlich gibt es die ebenso häufige Situation, dass das Kind nur einen Elternteil antrifft und anfragt. Bekommt es dann nicht die gewünschte Antwort, wird einfach der andere Elternteil aufgesucht, ihm noch einmal die gleiche Frage gestellt, ohne jedoch die bereits erhaltene Antwort zu erwähnen.
Wenn wir unser Kind gut kennen, erkennen wir oft an seiner Nasenspitze, dass hier etwas nicht stimmt.
Und wenn uns zusätzlich noch die grundsätzliche Einstellung des anderen Elternteils bekannt ist, dann ist der sichere Weg zu fragen: „Was sagt Mama/Papa dazu?“ Auch dann müssen die Meinungen nicht unbedingt übereinstimmen, aber das Kind lernt, dass seine Eltern Respekt voreinander und den Ansichten des/der anderen haben und ein gegenseitiges Ausspielen nicht funktioniert. Und wo kann ein Kind den Umgang mit unterschiedlichen Ansichten, die ihm im Laufe seines Lebens noch oft begegnen werden, besser lernen als im sicheren, geschützten Raum, der sich Familie nennt?
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