REZEPT_
Draußen ist es kalt geworden, die Bäume strahlen schon längst nicht mehr in ihrem bunten Blätterkleid und die dunkle Jahreszeit nimmt ihren Lauf. Es sind nur noch wenige Tage, bis uns der kürzeste Tag und die längste Nacht des Jahres beschert werden.
Den ganzen Sommer über brauche ich keine Kerzen. Lichter fallen mir in dieser Zeit nicht besonders auf, außer die kleinen Lampions, die von lauen Sommerabenden erzählen. Sobald aber die dunkle Jahreszeit hereinbricht, werden die Kerzen in den Schaufenstern und Wohnungen wieder mehr. Die Straßenbeleuchtung geht der Dämmerung entsprechend schon viel früher an und die erste Weihnachtsbeleuchtung wird installiert. In diese dunkle Jahreszeit hinein erleuchten wir unsere Häuser, entzünden Kerze um Kerze auf dem Adventkranz und bereiten uns auf Weihnachten vor.
Abends, wenn man durch die Straßen spaziert, erleuchten die Lichter in den Häusern die dunklen Gassen und strahlen ein Gefühl von Geborgenheit und Behaglichkeit aus. Mit der zunehmenden Dunkelheit sehnen wir uns stärker nach Licht. Wir halten Ausschau nach dem Hellen, das uns ein Gefühl von Sicherheit vermittelt, und werden aufmerksam für die Lichtblicke, die uns Orientierung schenken.
Vielerorts nimmt die Beleuchtung aber überhand – die Dunkelheit wird verdrängt. Die Nacht wird scheinbar zum Tag gemacht und der Blick in den Sternenhimmel geht verloren. Das scheint sogar das wärmende Licht zu verdrängen, das von Geborgenheit und Hoffnung zu erzählen vermag. Leuchtreklamen prangen von Fassaden und Lichterketten verhüllen Bäume und Sträucher. Es wirkt, als rufen sie nach noch mehr, noch Hellerem, noch Auffälligerem. Und dieses schrille Leuchten soll von Weihnachten erzählen?
Weihnachten drängt sich nicht ins Rampenlicht. Es ist nicht das perfekte Fest im grellen Lichterglanz, das uns blendet und uns um uns herum nichts mehr erkennen lässt. Weihnachten verdrängt nicht die Dunkelheit. Weihnachten ist vielmehr der Lichterschein, der in die Dunkelheit hineinleuchtet. Es erzählt vom noch so kleinen Licht, das das Dunkel erleuchtet und Wärme und Geborgenheit zu schenken vermag.
Und dann – wie es in einem Adventlied heißt – spüre ich, „waun i Kerz’n um Kerz’n aunzünd, kaun boid a in mir Weihnåcht werden“.
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