Wort zum Sonntag
Wie sage ich etwas, damit die anderen so tun, wie ich will? Das ist für Sr. Magdalena Ebner keine Frage der Gewaltfreien Kommunikation, die ihr Leben prägt. „Gewaltfreie Kommunikation“, kurz GfK, ist nicht nur eine Methode, sagt sie. Es ist ein Methode und eine Haltung, beide gehören zusammen wie Leib und Seele. Die entsprechende Lebenshaltung ist Selbstempathie und Empathie mit dem Gegenüber oder anders ausgedrückt: die Fähigkeit, in sich selbst zu fühlen und sich in eine andere Person einzufühlen. „Es ist nicht leicht, überhaupt die eigenen Gefühle wahrzunehmen, geschweige denn zu benennen“, weiß die 40-jährige Ordensfrau aus Erfahrung. Sie kam mit der Gewaltfreien Kommunikation vor vielen Jahren in Kontakt und übt seither – aber fertig ist sie damit nie, sagt sie. „Diese Haltung geht das ganze Leben an und will auch das ganze Leben geübt werden.“ Anlässe dazu bieten sich im Kloster genügend. „Wir leben sehr eng zusammen, da braucht es eine gepflegte Gesprächskultur.“
Ein Beispiel? Wenn die Mitschwester sagt: „Jetzt hast du die Tasse schon wieder da stehen gelassen und nicht weggeräumt!“, hat Sr. Magdalena mehrere Möglichkeiten zu reagieren. Sie kann darin den Vorwurf hören und sich ärgern. Dann wird sie sich eine Schutzschicht zulegen oder in den Gegenangriff gehen. Der Rachegedanke beginnt zu keimen. Oder sie hört genauer hin, was die Mitschwester wirklich gesagt hat. Dann kann sie anders reagieren. „Ja, es stimmt!“ kann sie dann sagen oder etwa „Nein, das hat jemand anderes da stehen gelassen.“ Sr. Magdalena unterscheidet zwischen der Interpretation (‚Das ist ein herber Vorwurf!’) und der nüchternen Beobachtung. Wenn die Beobachtung gelingt, kann eine Verbindung zwischen den Gesprächspartner/innen entstehen, die Worte liegen nicht trennend zwischen den Menschen.
Die Interpretation ist ein falscher Freund. „Wir schubladisieren, weil wir meinen, das würde uns im Leben helfen. Es stellt uns aber ein Bein.“ Die Gesellschaft und die Lebenserfahrung in ihr lehren uns, blitzschnell in Gut und Böse, in Richtig und Falsch einzuteilen. Bevor Sr. Magdalena Ebner in diese Falle tappt, nimmt sie sich Zeit. „Den Unterschied zwischen einer Beobachtung und dem, was ich aufgrund meiner Lebenserfahrung in etwas hineininterpretiere, nehmen ich körperlich wahr. Es gibt viele Übungen, wie der Körper sensibler wird, den Unterschied wahrzunehmen.“ Solche Übungen macht Sr. Magdalena mit ihren Seminarteilnehmer/innen. Einmal im Jahr gibt sie im Kloster ein mehrtägiges Einführungsseminar in Gewaltfreie Kommunikation. Dazu kommen Interessierte aus allen Himmelsrichtungen. Wer einmal daran teilgenommen hat, kann anschließend in die Übungsgruppen kommen – entweder einmal im Monat zwei Stunden lang oder einmal im Jahr dreieinhalb Tage.
„Gewaltfreie Kommunikation ist eine lebensverbindende Sprache, die mich mit mir selber und den anderen verbindet“, erklärt auch Pfarrer Markus Merz, der immer wieder GfK-Einführungen und Übungen im Ordenszentrum Quo vadis am Wiener Stephansplatz anbietet. „Gewaltfreie Kommunikation ist ein ganz unglücklicher Begriff“, bedauert er. Das Dumme sei, dass GfK-Initiator Marshall B. Rosenberg keinen passenderen Begriff hinterlassen habe. Allerdings sagte Rosenberg selbst: „It’s all about connection.“ – Es geht um die Verbindung. Pfarrer Merz, der die evangelischen Gemeinden Bad Aibling und Bad Feilnbach in Bayern leitet, nennt die Haltung der GfK einen Teil seiner Lebens-Spiritualität.
Marshall B. Rosenbergs Vorschlag, mit sich selbst in Kontakt zu kommen, um dann auch mit anderen in Verbindung zu treten, nährt sich aus vier Schritten: Beobachtung statt Interpretation, Gefühle wahrnehmen, Bedürfnisse benennen, Bitte äußern. Die Schritte einzuüben gehört zu den GfK-Angeboten von Sr. Magdalena Ebner und Pfarrer Markus Merz. Doch beide betonen, dass sie im Alltag nicht in den vier Schritten sprechen. Die alltägliche Übung laufe innerlich ab und trage zur Selbstklärung bei. Selbstklärung ist ein wesentlicher Schritt der Kommunikation. Gewaltfreie Kommunikation ist nicht nett, sondern ehrlich. Die wirksamste Art sie umzusetzen ist, sie selbst anzuwenden. „Es ist mir sehr wichtig, nicht mit dem Moralfinger zu kommen“, erklärt Sr. Magdalena. „Im Sinne von: ‚So sagt man und so sagt man nicht‘!“ Sie versucht die Haltung der GfK zu leben und ist überzeugt, „dass das die Kirche brauchen kann.“«
Tipps
Die Seminare von Sr. Magdalena Ebner ergänzen die Angebote des Zisterzienserinnenklosters Mariastern-Gwiggen. In Gwiggen in der Gemeinde Hohenweiler in der Nähe des Bodensees kann man auch eine Auszeit im Kloster verbringen oder ein paar Tage mitleben.
mariastern-gwiggen.at
Pfarrer Markus Merz bietet seine Seminare in Österreich meist im Quo vadis in Wien an.
quovadis.or.at
Das Standardwerk des 2015 verstorbenen Psychologen und Kommunikationstalents Marshall B. Rosenberg ist unter dem Titel „Gewaltfreie Kommunikation“ erhältlich.
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