Wort zum Sonntag
„Wozu ist das Ganze gut? Wozu sind wird unterwegs in Rom im Heiligen Jahr?“ Diese Fragen stellte Bischof Manfred Scheuer vergangene Woche bei seiner Predigt in der päpstlichen Basilika Santa Maria Maggiore in Rom. Der Bischof war einer der Pilger:innen aus Oberösterreich auf der Kirchenzeitungswallfahrt nach Rom anlässlich des Heiligen Jahres. Wozu also war diese Reise gut?
Die Antwort von Bischof Scheuer lautete: „Damit mehr Glaube und Vertrauen in unser Leben kommt! Damit mehr Hoffnung in die Welt kommt in den Erfahrungen der Verzweiflung und der Resignation. Damit mehr Liebe in die Welt kommt in den Erfahrungen des Hasses, der Verachtung und der Gleichgültigkeit. Damit so mehr Liebe, Freude und Gemeinschaft in die Welt kommt!“ Als Pilger:in unterwegs zu sein bedeute auch, „dass wir versuchen, uns mit den Augen der anderen selbst besser zu verstehen und unserer Sendung bewusst zu werden“, erläuterte Scheuer. „Die Botschaft der Heiligen Schrift mutet uns zu, dass wir einander aufgetragen sind, einander Patron sind, füreinander sorgen, Verantwortung tragen, einander Hüter und Hirten sind. Das Evangelium traut uns zu, dass wir Freunde und Anwälte des Lebens sind, dass wir Lebensräume schaffen, in denen in die Enge getriebene Menschen Ja zum Leben sagen können.“
Die Messe in Santa Maria Maggiore schlug in gewisser Weise eine Verbindung zu Papst Franziskus, dessen Erkrankung Menschen weltweit in diesen Tagen berührt. Denn die Oberösterreicher:innen feierten in der Seitenkapelle mit dem von Franziskus besonders in Ehren gehaltenen Marienbild „Salus populi romani“ (Heil des römischen Volkes) ihren Gottesdienst. Die Erkrankung des Papstes und der Entfall der Generalaudienz änderten das Programm der Pilgerreise, das Biblische Reisen zusammengestellt hat. So kam zum Beispiel ein Besuch der Kirche San Bartolomeo all’Isola hinzu. Diese Kirche auf der Tiberinsel ist der Erinnerung an Märtyrer des 20. und 21. Jahrhunderts gewidmet, die von verschiedenen Regimen verfolgt wurden.
Aus Österreich ist neben der von den Nationalsozialisten hingerichteten Wiener Ordensfrau Sr. Maria Restituta Kafka der seliggesprochene Innviertler Bauer Franz Jägerstätter vertreten. Er hatte sich geweigert, für die Nationalsozialisten in den Krieg zu ziehen, und war 1943 enthauptet worden. Als Reliquie hatten Österreichs Bischöfe einen Brief Jägerstätters hier hinterlassen. Bischof Manfred Scheuer war als Postulator führend im Seligsprechungsverfahren Jägerstätters tätig und brachte den Pilger:innen seine Geschichte näher.
Märtyrer weiter zurückliegender Zeiten waren Thema beim Besuch der San-Sebastiano-Katakombe im Süden Roms. Diese hat ihre Ursprünge in der Zeit, als Christinnen und Christen von römischen Kaisern verfolgt wurden. Insofern stand der Besuch dort im Kontrast zu jenem in der Lateranbasilika. Sie ist die Kathedrale des Papstes als Bischof von Rom und wurde ursprünglich auf Geheiß von Kaiser Konstantin dem Großen errichtet, der die Christenverfolgung im römischen Reich im Jahr 313 nachhaltig beendet hatte.
Während der Pilgerreise kam auch die Geschichte des antiken Rom nicht zu kurz. Die Gruppe aus Oberösterreich beschäftigte sich unter anderem auf einem Fußmarsch vom Kolosseum vorbei am Forum Romanum und am Trajansforum hinauf zum Kapitol damit.
Auf dem Kapitol stand einst ein Tempel der heidnischen Götter Jupiter, Juno und Minerva. Heute befinden sich hier u. a. Roms Rathaus und die Kirche Santa Maria in Aracoeli mit dem Grab der hl. Helena, der Mutter Kaiser Konstantins.
Schon am ersten Tag hatte die Pilgergruppe die Basilika St. Paul vor den Mauern besucht und dort Eucharistie gefeiert. Unter dem Hauptaltar liegt ein Sarkophag, der wegen seiner Inschrift als Grab des Apostels Paulus gedeutet wird. Beim Gottesdienst in dieser großen Kirche ging der Linzer Domkapitular Michael Münzner unter anderem auf das Damaskuserlebnis des heiligen Paulus ein – jenes Geschehen, das aus dem Christenverfolger Saulus den Christusanhänger Paulus gemacht hatte.
Etwas entfernt von der St.-Paul-Basilika gilt das Kloster Tre Fontane der Trappisten als Ort der Hinrichtung des Paulus. Heute befinden sich hier gleich drei Kirchenbauten. Im Klosterladen werden verschiedene Trappisten-Produkte aus ganz Europa angeboten – auch das Stift Engelszell ist vertreten. Die Gruppe aus der Diözese Linz traf in Rom lebende Landsleute wie Österreichs Botschafter beim Heiligen Stuhl, Marcus Bergmann, und den Rektor der Kirche Santa Maria dell’Anima, Michael Max. Die „Anima“ ist die Kirche der deutschsprachigen Gemeinde in Rom mit angeschlossenem Priesterkolleg sowie Anlaufpunkt für Rompilger.
Die Wallfahrer:innen aus Oberösterreich besichtigten auch „klassische“ Ziele in der Ewigen Stadt wie die Spanische Treppe oder den Trevibrunnen. Am Mittwoch vergangener Woche nahmen sie am Abendgebet der Gemeinschaft Sant’Egidio teil. Neben karitativer Arbeit ist Versöhnung ein wichtiges Anliegen ihrer Mitglieder.
Die Bedeutung der Versöhnung griff Bischof Manfred Scheuer auch am letzten Tag, beim Gottesdienst in den Vatikanischen Grotten direkt beim Petrusgrab, auf: Bei den Schlüsseln des Himmelreiches, die Simon Petrus von Jesus erhalten hat, gehe es letztlich um den Dienst der Versöhnung, sagte er. „Im Heiligen Jahr 2025, das im Namen Gottes, des Barmherzigen, auf besondere Weise zur Versöhnung einlädt, möchte ich daher einige wichtige Einsichten in Erinnerung rufen, die für Versöhnungsprozesse hilfreich sind, und Sie alle einladen, das Geschenk der Vergebung anzunehmen, das Gott uns anbietet: Unrecht benennen und bereuen. Vergebung erbitten und schenken. Sich erinnern und Versöhnung feiern.“
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