Wort zum Sonntag
Bis zur überraschenden Wahl von Robert Prevost zum Papst galt es als ungeschriebenes Gesetz, dass ein US-Kardinal nicht Papst werden kann. Zu riskant wäre es, wenn das Oberhaupt der weltgrößten Glaubensgemeinschaft ein Bürger des mächtigsten Landes der Erde ist – so die Warnung. Denn beinahe zwangsläufig würde ein „amerikanischer Papst“ ins unruhige Kielwasser der politischen Turbulenzen der westlichen Supermacht geraten. Die zuletzt in der Ära Trump gewachsene interne Spaltung der US-Bischofskonferenz und der amerikanischen Katholiken schien diese Befürchtungen noch weiter zu untermauern.
Doch die Kardinäle der katholischen Weltkirche haben sich beim Konklave souverän über diese Bedenken hinweggesetzt und einen aus Chicago stammenden Kurienkardinal zum Papst gewählt. Dass sie es taten, hat auch damit zu tun, dass Prevost nie in den USA als Bischof diente. Deshalb war er nie in die innenpolitischen Konflikte seines Heimatlandes involviert. Unter allen Kardinälen aus den USA galt er als der am wenigsten amerikanische. Wegen seiner Bischofsjahre in Peru hat er seit 2015 auch einen peruanischen Pass. Und sein Spanisch ist noch besser als sein Italienisch – und das, obwohl er von 2001 bis 2013 etliche Jahre als Chef des weltweiten Augustinerordens in Rom verbracht hat. Nicht nur diese sprachlichen Voraussetzungen hat Leo XIV. mit seinem Vorgänger Franziskus gemeinsam. Sein Denken und theologisches Sprechen erinnerte gleich in seiner ersten Ansprache auf dem Petersplatz an den Papst aus Lateinamerika. Wie der spricht er vom „gläubigen Volk Gottes“, das gemeinsam mit seinem Hirten unterwegs ist, und von der Offenheit der Kirche für alle Menschen.
Ähnlich wie Franziskus spricht auch Leo XIV. vom Frieden, vom Brückenbauen und vom Dialog. Dieses Wort benutzte er in seiner Ansprache zum Pontifikatsbeginn gleich dreimal und setzte damit einen klaren Gegenpol zum oft ruppigen, egozentrischen Auftreten und Sprechen des Präsidenten in Washington. Der reagierte dennoch hoch erfreut auf den ersten Papst aus den USA und sprach in einer ersten Stellungnahme von „Freude“ und einer „Ehre für unser Land“.
Was die Papstwahl für die Zukunft der katholischen Weltkirche bedeutet, ist eine offene Frage. Als Chef der weltweiten Bischofsbehörde im Vatikan hat Prevost in den vergangenen zwei Jahren die Stärken und Schwächen der kirchlichen Innen- und Personalpolitik von Papst Franziskus genau kennengelernt. In Peru legte er sich einst mit dem konservativen Netzwerk „Sodalicio“ an. Aber wo der gelernte Kirchenrechtler ansonsten theologisch zu verorten ist, ist schwer zu sagen – zumal es bislang kaum Veröffentlichungen von ihm gibt.
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