Wort zum Sonntag
Warum werden neue Lektionare eingeführt?
Antwort: Seit 2016 liegt eine überarbeitete (revidierte) Fassung der Einheitsübersetzung der Bibel vor, die nach Kriterien wie aktueller bibelwissenschaftlicher Forschung und größerer sprachlicher Treue zum Originaltext erarbeitet wurde. Nun wird die neue Übersetzung auch in den Gottesdiensten hörbar. Dazu ist es notwendig, die im Gottesdienst verwendeten Bücher mit den Texten der Lesungen und Evangelien (Lektionare) auszutauschen. Das Projekt steht in einem größeren Zusammenhang: Das Feierbuch der Gemeinde, das Gotteslob, wurde 2013 ausgetauscht. Derzeit zurückgestellt ist die geplante Neuübersetzung des Messbuchs.
Werden die Änderungen für Gottesdienstteilnehmer/innen bemerkbar sein?
Antwort: Ja, besonders bei bekannten Bibelstellen wie der alttestamentlichen Lesung in der Heiligen Nacht (Jesaja 9, 1–6) werden die revidierten Texte auffallen. Bisher begann die Lesung mit: „Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf.“ Jetzt lautet diese Stelle: „Das Volk, das in der Finsternis ging, sah ein helles Licht; über denen, die im Land des Todesschattens wohnten, strahlte ein Licht auf.“ Die Veränderungen können als Anstoß dienen, sich wieder neu mit einer vermeintlich wohlbekannten Bibelstelle zu beschäftigen.
Was ändert sich neben den Bibeltexten selbst?
Antwort: In den Briefanreden der zweiten Lesungen ist jetzt durchgehend von „Brüdern und Schwestern“ die Rede, nicht mehr nur von „Brüdern“. Das wird dort auffallen, wo bisher nicht schon „Brüder und Schwestern“ gelesen wurde. Bei den Einleitungen heißt es beispielsweise nicht mehr „Brief des Apostels Paulus an die Römer“, sondern „an die Gemeinde von Rom“. An Stellen, wo bisher der Gottesname „Jahwe“ stand, wird jetzt durchgängig „HERR“ gelesen. Das entspricht dem Zugang des Judentums und der christlichen Tradition, den Namen Gottes aus Ehrfurcht nicht direkt auszusprechen, sondern zu umschreiben.
Was ändert sich nicht?
Antwort: Die Leseordnung, also die Vorgabe, welche Bibelstellen an welchem Tag im Gottesdienst zu lesen sind, bleibt gleich. Es wird nur die Übersetzung verändert.
Worauf können sich Lektor/innen einstellen?
Antwort: Ab jetzt steht unter jeder Lesung „Wort des lebendigen Gottes“ im Buch abgedruckt. Damit können die vielerorts vorhandenen Aufkleber auf dem Ambo mit Hinweis auf diesen Satz entfernt werden. Zur Vorbereitung auf die Lesungen stehen Publikationen wie der „Schott“ mit der revidierten Einheitsübersetzung zur Verfügung.
Welche Auswirkungen gibt es für die Kantor/innen?
Antwort: Der Antwortpsalm, ob gesungen oder gelesen, ist wie die Lesungen ein Verkündigungstext aus der Bibel. Insofern ändern sich auch dort die Texte. Wo Kantor und Gemeinde den Antwortpsalm abwechselnd sprechen, sollte die Fassung aus dem Gotteslob verwendet werden, da sich dieser von der Fassung im Lektionar unterscheidet. Die neue Übersetzung lag zum Zeitpunkt des Erscheinens des Gotteslobs noch nicht vor.
Erscheinen gleich alle Lektionare auf einmal?
Antwort: Nein, das ist ein mehrjähriges Projekt. Heuer erscheint das Sonntagslektionar für das Lesejahr C, in den kommenden beiden Jahren folgen die anderen beiden Lesejahre A und B. Dazu kommen Lektionare für geprägte Zeiten, Messen mit besonderen Anliegen, für Verstorbene und zum Schluss in den Jahren 2021 und 2022 die Lektionare für die Wochentagsmessen. Insgesamt werden acht Lektionarbände und ein Evangeliar (nur mit den Evangelientexten) erscheinen.
Kann die Einführung mit dem ersten Adventsonntag eingehalten werden?
Antwort: Auch wenn wegen der Nachfrage Pfarren, die mehr als ein Exemplar bestellt haben, zunächst nur eines bekommen, besteht die Hoffnung, dass der Termin fast überall eingehalten werden kann.
Gibt es Informationsmaterial und Hilfsmittel zur Einführung der neuen Lektionare?
Antwort: Ja, zum Beispiel über die Homepages des Österreichischen Liturgischen Instituts (www.liturgie.at) und des Österreichischen Katholischen Bibelwerks (www.jahrederbibel.at). Ansprechpartner sind auch die Liturgieverantwortlichen in den Diözesen. Die Einführung der neuen Lektionare wird von Bibelwerk und Bischofskonferenz zum Anlass genommen, die folgenden drei Jahre als „Jahre der Bibel“ zu begehen.
Im Advent führt Dr. Elisabeth Birnbaum, Direktorin des Katholischen Bibelwerks, in einer Serie in dieser Zeitung in die alttestamtlichen Lesungen mit der neuen Übersetzung ein.
Tipps
Da die Einführung der neuen Lektionare eine hörbare Veränderung mit sich bringt, sollte sie nicht „sang- und klanglos“ vonstatten gehen. Das Österreichische Liturgische Institut hat gemeinsam mit dem Österreichischen Katholischen Bibelwerk drei konkrete Vorschläge erarbeitet, wie die neuen Lektionare beim Gottesdienst am ersten Adventsonntag feierlich begrüßt werden können. Ein Vorschlag betrifft die Einführung während einer Messfeier, ein weiterer in einer Wort-Gottes-Feier. Der dritte Vorschlag ist speziell für eine Feier mit Kindern gedacht. Neben anderen liturgischen Elementen beinhalten die Vorschläge auch Predigtbausteine bzw. einen ausgearbeiteten Predigtvorschlag.
Im Judentum werden alte Thora-Rollen aus Ehrfurcht vor dem Wort Gottes nicht einfach entsorgt, sondern begraben. Auch die alten Lektionare sind kein Fall für das Altpapier! Je ein Exemplar jedes Bandes sollte archiviert werden. Darüber hinaus schlagen die Liturgischen Institute unter anderem vor, die Bände (nach der Einführung des jeweils neuen Bandes) an Menschen zu verschenken, denen sie etwas bedeuten (zum Beispiel verdienten Lektor/innen). Auch eine künstlerische Weiterverwendung der Bände oder einzelner Seiten ist möglich. Letztlich sollte vor Augen bleiben, dass es sich hierbei nicht um „irgendein Buch“ handelt.
Bei der Präsentation des neuen Lektionars sprach St. Pöltens Weihbischof Anton Leichtfried von einer großen Chance.
„Die Veränderungen in den vielleicht schon recht bekannten und gewohnten Schriftstellen lassen aufhorchen und können neu hellhörig machen für das Wort Gottes“, sagte Leichtfried, der in der Bischofskonferenz für Bibel- und Liturgiefragen zuständig ist. Diesen Anstoß nimmt das Österreichische Katholische Bibelwerk auf: Die kommenden drei Jahre werden als „Jahre der Bibel“ begangen und laden zu sehr unterschiedlicher Auseinandersetzung mit biblischen Themen ein. Dabei können sich möglichst viele Gruppen in der Kirche beteiligen, wie Direktorin Elisabeth Birnbaum sagte.
Für sie hat die Bibelübersetzung in den Lektionaren ihr Profil geschärft, Farbe bekannt und den konsequenten Weg gewählt: „Diese Übersetzung traut sich etwas. Da darf es mitunter auch sein, dass die Sprache ein bisschen sperriger wird“, ist die Bibelwissenschaftlerin überzeugt.
Dynamik. Christoph Freilinger vom Österreichischen Liturgischen Institut stellte nicht nur die Möglichkeiten vor, das neue Lektionar im Gottesdienst zu begrüßen, sondern erläuterte auch die künsterische Gestaltung des Buches vom in Wien lebenden Künstlers Christof Cremer: „Die Dynamik der Linien symbolisiert die Dynamik des Wortes Gottes. Dieses Wort reicht über das Buch hinaus, es will in das Leben der Menschen verkündet werden.“
Bischof Leichtfried stimmt hier ein: Die neuen Texte in den Lektionaren sollten „helfen für die wichtigste Übersetzung: die Übersetzung ins eigene Leben“, sagte er
Wort zum Sonntag
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