Wort zum Sonntag
Der Mariendom war damals über Mittag verschlossen. Kurz vor 13 Uhr machte sich der 48-jährige Obermesner Franz Bachbauer auf den Weg durch den Dom, um auch die großen Domportale beim Turm an der Baumbachstraße aufzusperren.
Schon auf dem Rückweg bemerkte er durchs Fenster in der damaligen Taufkappelle (das ist nicht der heutige Taufort) eine Bewegung, öffnete die Tür und stand einem Mann gegenüber, der eine Waffe in der Hand hielt.
Bachbauer stieß einen Schrei aus, da schoss der Unbekannte auf ihn. Obwohl er getroffen war, versuchte der Dommitarbeiter noch, den Schützen in der Taufkapelle einzusperren, doch diesem gelang die Flucht durch das nahe Domportal. Auch der Versuch Bachbauers, den Mann zu verfolgen, scheiterte an seinen Verletzungen.
Er konnte noch die Sakristei erreichen, wo er dem Mesner Johann Willnauer berichtete, was ihm widerfahren war. Ein anwesender Kaplan nahm Bachbauer die Beichte ab – für den Fall des nahen Todes.
Inzwischen war die Rettung gekommen. Sie brachte den Verwundeten ins Krankenhaus der Bamgerzigen Schwestern. Die Mediziner:innen stabilisierten seinen Zustand so weit, dass er für die Polizei eine erste Aussage machen konnte. Am Abend empfing er die Sterbesakramente.
Der um sein Leben ringende Bachbauer machte am folgenden Tag noch eine weitere, etwas detailliertere Aussage. Am Abend erlag er seinen Verletzungen. Franz Bachbauer hinterließ eine Frau und zwei Töchter im Alter von sieben und zwölf Jahren.
In der Zwischenzeit hatte die Polizei ermittelt. Die aufgefundene Patronenhülse wies das eher seltene Kaliber 7,65 Millimeter auf. Zahlreiche Zeug:innen hatten vor dem Dom den fliehenden Mann gesehen und beschrieben ihn als etwa 30 Jahre alt, einen blauen Anzug tragend und mit zurückgekämmtem, dunkelblondem Haar.
Als wahrscheinlichster Hintergrund wurde vermutet, dass sich der Mann im Dom hatte einschließen lassen, um in Ruhe den Opferstock plündern zu können. Da eine Reinigungskraft im Dom unterwegs war, dürfte er sich in der Taufkapelle versteckt haben.
Ob es tatsächlich so war, wird ein Rätsel bleiben. Ein im Oktober 1933 festgenommener Verdächtiger wurde aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen.
Bereits am 14. September war das Opfer Franz Bachbauer zu Grabe getragen worden. An der Totenliturgie hatte Bischof Johannes M. Gföllner zumindest teilweise teilgenommen.
Auf dem St. Barbara Friedhof erinnerte Domkapitular Karl Schöfecker an das zehnjährige Wirken Bachbauers für den Dom. Er bat um das Gebet für ihn und schloss: „Aber auch der Seele des Mörders wollen wir gedenken, dass die Gnade Gottes sie zur Reue und Einkehr bringe.“
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