Wort zum Sonntag
Vor ein paar Tagen habe ich ein Interview mit dem kürzlich verstorbenen Willi Resetarits gehört. In seiner Kindheit war er Ministrant. Aber dann ist es ihm mit Glaube und Kirche gründlich vergangen.
Zu angstbesetzt und zu unfrei-machend hat er den Glauben erlebt. „Aber Spiritualität“, sagt er, „das ist etwas. Damit kann ich schon etwas anfangen.“ Ich weiß nicht, was Willi Resetarits mit Spiritualität gemeint hat, und wir können ihn auch nicht mehr fragen.
„Spiritualität“ scheint für viele Zeitgenoss/-innen heute etwas Interessantes, Inspirierendes, Geheimnisvolles, Bereicherndes zu sein. Ich bin froh, wenn so etwas wie Spiritualität überhaupt Thema ist. Oft kommt mir auch in meiner eigenen Großfamilie vor, dass diese „andere“ Dimension des Lebens zu den bestgehütetsten Geheimnissen gehört. Und wie es eben so ist, wenn etwas so gar nicht mehr vorkommt: Irgendwann verlieren sich die Sprache und auch die Wahrnehmung dafür.
Wovon reden wir, wenn wir von Spiritualität oder Religion oder Glaube sprechen? Spiritualität hat mit dem „Spirit“ zu tun, aus dem ein Mensch lebt – mit Geist, Haltung, Motivation, Sinn. Mit dem, was über das rein Faktische hinaus leben lässt, mit der Erfahrung von Glück oder Unglück. Mit dem Erkennen, dass es etwas Größeres im Leben gibt, dass ich nicht alles selber machen kann.
Kardinal König hat das auf den Punkt gebracht: „Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist der Sinn meines Lebens?“
Religion ist die Bereitschaft, mich auf etwas oder jemand hin auszurichten. Und nicht nur das: „religare“ heißt, mich binden oder mich rückbinden. Das ist für manche schwierig: Sie wollen sich und ihr Suchen offenhalten für Neueres und Belebenderes. Etwas davon kenne ich auch. Es könnte ja immer noch etwas Interessanteres im Leben geben.
Gleichzeitig bin ich froh, angekommen, verwurzelt und beheimatet sein zu dürfen. Ich bin dankbar, mich immer wieder auf unseren Gott hin ausrichten zu können; mich immer wieder bei ihm und in ihm festmachen zu können. Das trägt mein Leben. Und es relativiert es auch auf eine ziemlich heilsame Weise.
Glaube ist mir persönlich der liebste dieser Begriffe. Ich liebe es, Wörter genauer zu erkunden. Das deutsche Wort „glauben“ hieß im Althochdeutschen „galuban“, und das hieß auch „geloben“ oder sogar „lieben“. Wer einmal etwas feierlich gelobt hat – z. B. bei der Hochzeit oder bei der Ordensprofess – weiß, dass geloben damit zu tun hat, in eine ungewisse Zukunft zu gehen, in dem großen Vertrauen, dass das Leben gelingen wird.
Diese Haltung trifft sich gut mit dem griechischen Wort für Glauben „pisteuein“, also „treu sein, vertrauen, sich auf jemand verlassen“. Das lateinische Wort „credere“ zeigt, dass es um das „cor dare“ geht: das Herz geben, das Herz schenken.
Lehrgang Spiritualität – glauben und leben. Mit Schwester Christine Rod (Missionarin Christi), Pater Jakob Deibl (Benediktiner), Schwester Gertraud Johanna Harb (Kreuzschwester) und weiteren Ordensleuten. 8 Wochenenden zwischen September 2022 und Juni 2024 in Tirol und Niederösterreich. Kursbeitrag Euro 1.600,–.
ordensgemeinschaften.at oder 01/5351287
Spuren und Wurzeln des Christlichen
Teil 1 von 3
mit Sr. Christine Rod MC
Generalsekretärin der Österreichischen Ordenskonferenz
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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