Pilgern in die ewige Stadt
Ferdinand Treml und Margit Schmidinger schreiben über ihre Erfahrungen als Rompilger: Natur, Kultur, Spiritualität sind ihre Begleiterinnen.
„Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden. Er wird ein- und ausgehen und Weide finden.“ (Johannes 10,9)
Die Heilige Pforte des Petersdomes bleibt 24 Jahre auf der Innenseite zugemauert. Nur alle 25 Jahre, im Heiligen Jahr, wird die Mauer abgerissen und der Papst öffnet die Tore. Als Papst Paul VI. im Jahr 1975 der Tradition folgend drei Hammerschläge gegen die Pforte ausführte, verfehlten ihn die daraufhin herunterfallenden Ziegelsteine nur knapp. Nach dem ersten Schock wurde der Hammer für immer ins Museum verbannt; seither werden die Flügeltüren von den Päpsten aufgeschoben.
„Peregrinantes in spem“, Pilger der Hoffnung, lautet das von Papst Franziskus ausgerufene Motto für 2025. Die Tradition des Heiligen Jahres gibt es seit 1300. Zunächst war geplant, ein solches nur alle 100 Jahre auszurufen, doch bereits seit 1475 beträgt der Abstand 25 Jahre.
Nach Rom gepilgert wurde freilich schon viel früher. Aus dem 8. Jahrhundert gibt es die Wegbeschreibung des heiligen Willibald, eines angelsächsischen Missionars, der mit seinem Vater und seinem Bruder Wunibald ab dem Frühsommer des Jahres 720 nach Rom pilgerte, das er mit seinem Bruder am Martinstag desselben Jahres erreichte (der Vater war auf der Reise verstorben). Zwei Jahrhunderte später beschreibt auch Sigerico, Erzbischof von Canterbury, seinen Weg auf der Via Francigena nach Rom. Im 13. Jahrhundert ist dann der norddeutsche Abt Albert von Stade auf jenem Weg unterwegs, auf dem nun auch wir von Innsbruck ausgehend in die Heilige Stadt pilgern. Mehr dazu in der nächsten Ausgabe.
Von Österreich nach Rom pilgern – das klingt gut und verspricht eine Reihe von bleibenden Erfahrungen (wie diese Sommerserie unter Beweis stellen wird). Bricht man die Aufgabe freilich auf die Praxis herunter, ist man mit einer Reihe von Fragen konfrontiert: Was muss ich unbedingt mitnehmen, worauf kann ich verzichten, wo gibt es Anlaufstellen auf dem Weg – und vor allem: Wie finde ich ihn?
Auf diese und viele weitere Fragen gibt der praktische Pilgerführer von Ferdinand Treml zuverlässig Antworten. Er ist heuer bereits in der dritten, aktualisierten Auflage erschienen. Natürlich gibt das Finden der Strecke, unterstützt durch Karten, die Struktur vor. Aber das handliche Buch ist weit davon entfernt, sich darauf zu beschränken, sondern enthält eine enorme Anzahl an geschichtlichen, landschafts- und kulturkundlichen Hinweisen. Eine Vielzahl von farbigen Abbildungen erleichtern das Wiedererkennen des Sehenswerten am Rande des Weges in die Ewige Stadt. Denn es wäre schade, wenn man an soviel Schönheit vorbeipilgern würde. Angaben zu Streckenlängen und Höhenmetern unterstützen die Pilgerin und den Pilger dabei, die Herausforderung an die Konstitution einschätzen zu können – damit das Pilgern zwar eine Anstrengung, aber keine Strapaze ist.
von Margit Schmidinger
Die Adresse ist bekannt
Wird ein Ei von außen zerbrochen, endet Leben. Wird es von innen zerbrochen, beginnt Leben. Große Dinge beginnen immer von innen.
Auch große Pilgerreisen benötigen eine Brutzeit, ein Wachsen und Werden – so unser Weg nach Rom im Jahr 2020: Meine alten Bergschuhe sind abgetragen, ich möchte sie neu besohlen lassen. Gemeinsam mit meinem Mann besuche ich einen heimischen Schuhproduzenten. Als wir das Geschäft betreten, entdecke ich in der Ecke ein Paar neue Bergschuhe. Mein Blick bleibt an ihnen hängen und scherzhaft sage ich zu meinem Mann: „Mit denen geh ich nach Rom!“ – und lache.
Mit diesen Schuhen im Gepäck fahren wir nach Hause, der Same ist gelegt. Eines führt zum anderen, einige Monate später steht alles fest: Wir werden zu Fuß nach Rom pilgern. Mein Mann und ich, etappenweise gehen auch andere Begleiter:innen mit. Wir haben einen Auftrag im Gepäck: Wir gehen für die Gleichstellung von Frau und Mann in unserer Kirche!
Schon länger spüre ich eine Unzufriedenheit in meiner Rolle als Pastoralassistentin. Die Zurückweisung von Frauen belastet mich zunehmend. Ich möchte dieses Unrecht zum Ausdruck bringen, die Entscheidungsträger damit konfrontieren. Unser Bischof verweist mich auf den Papst in Rom, ich kenne die Adresse. Mir wird klar, wofür ich mir neue Bergschuhe gekauft habe. Der Pilgerführer von Ferdinand Treml ist ein guter Begleiter auf einem spannenden Weg. Das Küken ist geschlüpft, die Reise kann beginnen.
Ferdinand Treml und Margit Schmidinger schreiben über ihre Erfahrungen als Rompilger: Natur, Kultur, Spiritualität sind ihre Begleiterinnen.
War Lehrer, Schuldirektor und Bezirksschulinspektor. Er ist Autor des Pilgerführers „Der Pilgerweg nach Rom(Tyrolia Verlag).
Rompilgerin, Seelsorgerin und Vorsitzende der Katholischen
Frauenbewegung OÖ. Weitere Infos: www.talitakum.at