Wort zum Sonntag
Ach, wär der Apfel doch nicht so verführerisch gewesen, könnten wir die Tage noch im Paradies verbringen. Genießen, relaxen, entspannen. Aber nichts ist mehr damit. Verfluchter Ackerboden, Mühsal alle Tage, hackeln im Schweiß des Angesichts. Ist Arbeit also eine Strafe Gottes?
Nein, wir Menschen haben sie einander zur Strafe gemacht. Und zur Sünde werden lassen, indem wir ein Wirtschaftssystem gebaut haben, das manche von Menschen geleistete Arbeit viel zu gering entlohnt, während Milliardär:innen innerhalb weniger Stunden ein paar weitere Milliarden „verdienen“ können durch Börsenrallyes. Künstliche Intelligenzen haben die Steuerung der Finanzwelt übernommen – im Auftrag ihrer Schöpfer.
Arbeit, die dem Leben dient, insbesondere Fürsorgearbeit, Pflege, Erziehung, wurde und wird geringgeschätzt. Frei nach dem Motto: Fürsorge, das tun doch nur Schwächlinge! Leistungsträger, Genies, starke Typen brauchen wir! Sie müssen wir beschützen vor den Schmarotzer:innen! Adrian Daub, Professor in Stanford, stellt genau dieses Denken unter den Milliardären des Silicon Valley und ihren Verbündeten fest.
„Avodah“, das hebräische Wort für Arbeit, bezeichnet sowohl den Sklavendienst in Ägypten als auch den Gottesdienst. Doch es gibt einen gravierenden Unterschied: Ägypten zwingt seine Sklaven zur Arbeit an scheinbar ewigen Pyramiden. Arbeitssklav:innen sind die entwürdigte Masse, die dem Pharao dient. Der Auszug aus Ägypten führt in ein Land, das ebenso Arbeit verlangt. Wenn diese Arbeit aber den Menschen zur Freiheit, zum Leben in Fülle verhilft, dann ist sie gleichzeitig Gottesdienst.
Auch Jesus hat gearbeitet und blieb Zeit seines Lebens solidarisch mit den arbeitenden Menschen. Aus Sicht der katholischen Kirche ist Arbeit eng mit dem Personsein verbunden. Der Mensch ist mehr als seine Arbeit, aber ohne Arbeit kann kein Mensch sein. Genauso kann Arbeit den Menschen aber entwürdigen, ihn zum bloßen „Humankapital“ degradieren.
Wird unsere Wirtschaftswelt dem biblischen Ideal von Arbeit als Dienst an Recht, Gerechtigkeit und Freiheit für alle gerecht? Oder ist Ägypten zurückgekehrt?
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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