Wort zum Sonntag
Die LGBTQI+ Community kämpft für eine Vielfalt von Geschlechteridentitäten, die über das klassische Mann-Frau-Sein hinausgeht. Das ist der Sinn der vielen Kürzel und des „+“-Zeichens am Ende, das für weitere Varianten steht. Vielfalt soll möglich und soll gefeiert werden – im Namen eines neuen Freiheitsversprechens.
Bekanntlich gibt es heftige Auseinandersetzungen um diese Forderungen. Soll der offenkundige Unterschied von Mann und Frau abgeschafft werden? Wie viele Geschlechter soll es denn geben? Einige Überlegungen können weiterhelfen.
Hinter den oft schrillen und provozierenden Auftritten der Community und den gesetzlichen Forderungen stehen echte Leidensgeschichten. Das sollte man nicht aus dem Blick verlieren. Zum Beispiel die frühere Praxis, die geschlechtliche Uneindeutigkeit, um die es bei Intersexualität geht, sofort nach der Geburt operativ zu „beheben“, hatte bleibende Schäden und psychische Belastungen zur Folge.
Oder der innere Leidensdruck bei Genderdysphorie (man fühlt sich im falschen Körper) kann in manchen Fällen alles andere im Leben überlagern. Sowohl bei Intersexualität wie auch bei Transgender-Personen ist die Suizidrate signifikant erhöht. Der „Kampf um Anerkennung“ hat hier den nachvollziehbaren Sinn, selbst entscheiden zu dürfen, wie man mit all dem umgeht, auch den, bewusst mit einer geschlechtlichen Uneindeutigkeit leben zu dürfen.
Oft hört man die Forderung, Menschen hätten das Recht, ihr Geschlecht „frei“ wählen zu dürfen. Es entsteht das Bild einer völlig beliebigen Geschlechtswahl. Darum kann es natürlich nicht gehen.
Ernst zu nehmen ist, dass manche Menschen die offensichtliche Erfahrung machen, dass sie ihre Geschlechtsidentität individuell anders erleben. Es gibt etwas in ihnen, das sich gegen die gängigen Geschlechterrollen sperrt. Sie finden sich darin nicht und sie können die Erwartungen, die damit verbunden sind, nicht unkompliziert oder nur um einen hohen Preis erfüllen.
Gerade der katholischen Moraltheologie ist schon immer die Berufung auf die „Natur“ wichtig, an die der Mensch als Ausdruck des Schöpferwillens Gottes gebunden ist. Angesichts der neuen Herausforderungen kann es nicht darum gehen, die „Natur“ im Namen einer ungebundenen Freiheit zu entsorgen. Geglücktes menschliches Leben ist, das lernen wir heute neu, nie gegen, immer nur mit der „Natur“ möglich.
Was wir aber auch zu lernen haben, ist, dass die über Jahrmillionen gewordene, geschlechtliche „Natur“ des Menschen vielfältiger, variantenreicher und uneindeutiger ist, als gedacht. Der Diskurs über Geschlechteridentitäten soll helfen, dass Menschen mit ihrer individuell erlebten Natur besser zurechtkommen, mehr in Übereinstimmung mit sich selbst leben können.
Sexualität ist eine lebensspendende Kraft. Manchmal wirkt sie dennoch verwirrend. Wie geht man damit um? Über diese Frage macht sich Walter Schaupp im „Pride Month“ Juni Gedanken. Er ist Mediziner, Priester, Universitätsprofessor i. R. des Instituts für Moraltheologie in Graz und Mitglied der Bioethikkommission.
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Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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