Wort zum Sonntag
Wer singt, betet doppelt, wusste schon der Kirchenlehrer Augustinus. Martin Luther hat durch den Gesang in der Muttersprache der Reformation einen einzigartigen Schub gegeben.
Es ist keine Übertreibung zu behaupten, dass die Reformation auch eine singende Bewegung war. Damit hat sie nichts Neues erfunden, denn dass Christinnen und Christen von Anfang an gesungen haben, das wissen wir aus dem Neuen Testament, aber auch von Plinius, der diesen Sachverhalt an den römischen Kaiser Trajan berichtete. Aber mit der Reformation kam es zur Erweckung des Gemeindegesangs. Luther selbst hat viele Lieder geschrieben und diese wurden in Gesangbüchern gesammelt und herausgegeben.
Warum diese Betonung des Gesangs? In der Einleitung zu einem der Gesangbücher schreibt er 1545: „Denn Gott hat unser Herz und Mut fröhlich gemacht durch seinen lieben Sohn, welchen er für uns gegeben hat, zur Erlösung von Sünde, Tod und Teufel. Wer solches mit Ernst glaubt, der kann´s nicht lassen, der muss mit Lust und fröhlich davon singen und sagen, dass es andere auch hören und herzu kommen. Wer aber nicht davon singen und sagen will, das ist ein Zeichen, dass er‘s nicht glaubt.“
Der tiefste Grund für den singenden Glauben liegt in der Freude an Gottes Tun. Für Luther steht das Singen in einer langen und geheiligten Tradition, die das Alte und Neue Testament umfasst. Singen ist Gotteslob, und solches ist für Christen vornehmlich das Lob des Christus und seines Evangeliums. Darin ist das Lob zugleich mit der Lehre verbunden, ist das Lied gesungene Verkündigung und kann gar nicht anders sein.
Dabei muss die Musik eine vornehme Rolle spielen. Der Missbrauch der Musik kann nicht dazu führen, sie abzuschaffen, sondern im Gegenteil nur darin, sie neu in Dienst zu nehmen. Denn sie ist Gottes gute Gabe an die Menschen und steht so im Dienst Gottes. Die Lieder werden zu einem wichtigen Medium des Glaubens. In ihnen drückt er sich aus und zugleich dienen sie dazu, wesentliche Inhalte des Glaubens zu verinnerlichen. Dabei sind es nicht so sehr die Lieder Luthers, die bis heute gesungen werden, als die seiner großen Nachfolger, etwa Paul Gerhardt (+1676) und Jochen Klepper (+1942). Diese Lieder werden zu einem Schatz des Glaubens, zu einem tragenden Grund für das eigene Leben, wie ich oft, besonders in der Begegnung mit älteren Menschen, erlebe. Das Gesangbuch entwickelt sich neben der Bibel und den Predigtbüchern (Postillen) zu der dritten Säule der Frömmigkeit. „Die Musik ist eine Gabe und Geschenk Gottes, nicht ein Menschen-Geschenk. Mit ihr vertreibt man viel Anfechtung und böse Gedanken. Der Teufel erträgt sie nicht. Sie macht die Menschen fröhlich, man vergisst dabei allen Zorn und alle Laster. Ich gebe nach der Theologie der Musica die höchste Ehre.“
„Denn nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Fröhlichen traurig, die Verzagten herzhaft zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, den Neid und den Hass zu mindern.“ In der Reformationszeit entstanden als Reaktion auf den Gesang der Protestanten auch zahlreiche katholische Gesangbücher. Lange Zeit standen die Lieder unter dem Zeichen der Polemik. Diese Zeiten sind vorbei. Längst ist die Ökumene der Lieder Wirklichkeit geworden und wir vermögen es, Gott gemeinsam zu loben.
Glaubens-Impulse aus der Ökumene
Teil 3 von 4
Gerold Lehner ist seit 2005 Superintendent der Evangelischen Kirche A.B. Oberösterreich
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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