Viele Menschen machen sich Sorgen um die Weitergabe des christlichen Glaubens. Für das Erzählen des Glaubens hält die Bibel Impulse bereit.
Ausgabe: 3/2020
15.01.2020 - Rainer Haudum
Oft werde ich von älteren Menschen mit Fragen konfrontiert wie: Wie wird es weitergehen mit unserer Kirche, wenn so wenige junge Menschen in die Kirche kommen? Werden unsere Enkelkinder den Glauben weitertragen? Ist er ihnen dann überhaupt noch wichtig? Dahinter steht jedenfalls eine große Unsicherheit, aber auch eine Sorge um die nächsten Generationen und gewiss auch eine starke Liebe zu der Form von Kirche, wie sie von älteren Menschen erlebt wurde: als volles Haus, als starke Gemeinschaft der Glaubenden.
Den Kindern erzählen
Den Glauben weiterzugeben ist vielen also ein Herzensanliegen. Es ist im wörtlichen Sinne religiöse „Tradition“ (lat. Weitergabe). Es war auch im Judentum, der Religion Jesu, eine ganz wichtige Sache. Nicht umsonst finden wir zwei prominente Stellen im Alten Testament, die die Glaubensweitergabe einschärfen. In Psalm 78 heißt es: „Was wir hörten und erfuhren, was uns die Väter erzählten, das wollen wir … dem kommenden Geschlecht erzählen“ (Ps 78,3–4). Daran schließt sich ein Lobpreis auf die großen Taten Gottes an. Und im Buch Deuteronomium lesen wir es sogar als Aufforderung Gottes an uns: „Und diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen. Du sollst sie deinen Kindern wiederholen“ (Dtn 6,6–7).
Wunsch und Wirklichkeit
Meine Erfahrung ist, dass zwar der Wunsch, „dass es weitergeht“, ganz groß da ist, es aber oft am Grundlegenden fehlt: an der religiösen Sprachfähigkeit – und noch mehr am Mut. Viele sind sprachlos, was den Glauben betrifft. Die Kirchensprache versteht kaum jemand mehr und eine eigene Sprache, also Wörter, die komplizierte Begriffe wie „Menschwerdung“ erklären können, legen sich die wenigsten zu. Mit dem Alltag und unserer Alltagssprache hat unser Glaube, zumindest in Predigten, oft wenig zu tun.
Vorbild
In der Apostelgeschichte wird Philippus zu einem Äthiopier geführt, der sich mit einer Bibelstelle nicht auskennt (Apg 8,26–40). Philippus fragt ihn: „Verstehst du auch, was du liest?“ Der Äthiopier antwortet: „Wie könnte ich es, wenn mich niemand anleitet?“ Es braucht also Menschen, die den Glauben erklären können, andere im Glauben anleiten. Philippus ist allerdings nicht Theologe oder gar Priester, sondern ein einfacher Anhänger Jesu. Weiter heißt es: „Da tat Philippus seinen Mund auf und ausgehend von diesem Schriftwort verkündete er ihm das Evangelium von Jesus.“ Die Glaubensweitergabe gelingt in diesem Fall, der Äthiopier lässt sich taufen. Warum gelingt es? Weil Philippus „seinen Mund auftat“ und von der Frohen Botschaft erzählen kann und auch will.
Den Mund auftun
Glaube wird in Zukunft nur weitergehen, wenn wir unseren Mund auftun; wenn wir uns trauen und Worte finden, mit denen wir erklären können, was wir glauben. Von Seiten der Kirche bedarf es dazu einer ermächtigenden Bestärkung und Gruppen, in denen wir uns über unseren Glauben austauschen können. Wo wir es „lernen“, wieder sprachfähig zu werden. Und wir brauchen Orte und Zeiten, wo wir nicht unter uns reden, sondern mit unseren (und auch anderen) Kindern und Enkelkindern. Was wir weitergeben, wird sehr persönlich sein. Alle sehr persönlichen Erfahrungen zusammen werden aber ein starkes Zeichen des Glaubens ergeben, eine starke Verbundenheit untereinander, die trägt – selbst wenn die großen Kirchen leerer sind als früher. «
Serie: Den Wandel gestalten, Teil 3 von 4
Rainer Haudum, Ausbildungsbegleiter und Pastoralassistent