Wort zum Sonntag
Ein feundliches Lächeln. Eine herzliche Begrüßung. Ein Gespräch mit Tiefgang. Die Begegnung mit Bruder David Steindl-Rast 2019 war äußerst beeindruckend. Im Interview spürte man große Achtsamkeit – eines jener Schlüsselworte, auf die er in seinem neuen Buch näher eingeht: „Echte Achtsamkeit zeigt sich uns in Menschen, die für ihr jeweiliges Gegenüber wach und zum Dialog bereit sind.“
Einsichten, Erkenntnisse und Lebenshaltungen, die der Benediktinermönch über die Jahre gewonnen hat und die sein Leben stark geprägt haben, fließen in sein aktuelles Werk ein. All jene, die innere Ausrichtung und spirituelle Orientierung suchen, möchte er mit seinen Texten inspirieren. David Steindl-Rast geht dabei Begriffen auf den Grund wie „Das Ich – mein Dasein als Geschenk“, „Das Selbst – mein ureigenstes Wesen“, „Gott – das geheimnisvolle ,Mehr-und immer-mehr‘“, „Vertrauen – unsere Antwort auf Angst“, oder „Dankbarkeit – ein Weg zur Fülle“. Und er erläutert Schlüsselwörter wie „Liebe“, „Ruhe“ oder „Würde“, „um unseren Weg durch das Labyrinth dieser verwirrenden Welt zu finden, um uns zu orientieren.“ Seine Mystik schöpft der Benediktiner dabei sowohl aus christlichen als auch aus östlichen und anderen Quellen, gilt er doch als Pionier des interreligiösen Dialogs.
Ob Buddhismus, Hinduismus oder die christliche Tradition – jede Religion ist für David Steindl-Rast hilfreich, „uns mit dem großen Geheimnis auseinanderzusetzen.“ Im Innersten gehe es immer um dasselbe, sagt der Benediktiner. Für uns Christen sei Gott „ein Begriff für das angerufene Geheimnis, mit dem wir eine persönliche Beziehung haben können. Wir sind völlig in Gott. Wie der Tropfen im Meer. Das Geheimnis ist in uns und wir sind in ihm.“ Die Frage nach dem Gesamtbild – wie alles mit allem zusammenhängt, „worum es letztlich geht“, hat David Steindl-Rast stets brennend interessiert. Er verweist dabei auch auf die Liebe, die „in all ihren authentischen Formen das gelebte Ja zur Zugehörigkeit ist.“ Das bedeutet, „durch alles, was wir im Leben tun, Liebe auszudrücken.“
Ein weiteres großes Lebensthema des Benediktinermönchs ist die Dankbarkeit. Sie sei der Schlüssel zur Freude. Dabei gehe es „um eine Haltung dem Leben gegenüber.“ Und die setze Lebensvertrauen voraus, gerade in schwierigen Situationen. Dankbarkeit überwinde Furcht durch Vertrauen, so David Steindl-Rast. „Wenn ich darauf vertraue, gut durchs Leben geführt zu werden, komme ich durch die Angst durch. Aber wenn ich mich dagegen sträube, dann fürchte ich mich. Und die Furcht verursacht, dass ich in der Angst steckenbleibe. Das Vertrauen ist sozusagen das Schmieröl.“ Das sei die wichtigste Entscheidung, die man treffe, sagt David Steindl-Rast. „Nicht ein für alle Mal, leider, sondern immer wieder werde ich vor die Entscheidung gestellt, vertraue ich jetzt dem Leben oder fürchte ich mich.“
Im Rahmen des heurigen Online-Pfingstkongresses zum Thema „Vom Ich zum Wir – Wege aus einer gespaltenen Gesellschaft “, äußerte sich Bruder David Steindl-Rast mit folgendem Appell: Es sei notwendig, die zunehmende Unabhängigkeit und erlangte Freiheit der Menschen mit einer „Verbundenheit mit Menschen, Tieren und allen Lebewesen“ zu kombinieren. „Wir müssen uns wieder eingebettet wissen und danach handeln.“ Die Corona-Krise und „das Elend dieser Welt“ könnten nur gemeinsam gelöst werden, durch eine engere Zusammenarbeit innerhalb der Weltgemeinschaft.
Seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 hält sich Bruder David Steindl-Rast in Argentinien auf. Dort lebt er bei Freunden „auf einer abgelegenen Hazienda“, wo ihm „Zeit und Gelegenheit geschenkt wurde, viel nachzudenken, zu lesen und zu schreiben. Auch das neue Buch ,Orientierung finden‘ konnte ich fertigstellen“, sagte er in einem aktuellen Interview im Zuge der Veröffentlichung seines neuen Werkes. Vom Corona-Virus sei er „Gott sei Dank bisher verschont geblieben. Ich wurde geimpft und bin hier auf dem Land verhältnismäßig geschützt. Das große Leid der ganzen Welt geht freilich uns allen sehr zu Herzen.“ Was die Corona-Pandemie betrifft, so kommen hier wieder die Themen Angst, Furcht und Vertrauen ins Spiel. Der Benediktiner rät allen, sich nicht vor dem Virus zu fürchten. „Jede Gefahr fordert uns heraus, furchtlos durch die Enge unsrer Angst hindurchzugehen, wie wir ja schon bei unsrer Geburt die Enge des Geburtskanals überstehen müssen. Durch Mut werden wir zwar die Angst nicht los, aber die Furcht bleibt uns erspart. Wir vertrauen auf etwas, das sich durch Lebenserfahrung immer wieder bewahrheitet: Angst ist ein Tunnel, an dessen Ausgang uns eine neue Geburt bevorsteht.“ «
- Buchtipp: David Steindl-Rast: „Orientierung finden. Schlüsselworte für ein erfülltes Leben.“, Tyrolia-Verlag 2021, 168 Seiten, Euro 19,95.
Geboren wurde David Steindl-Rast am 12. Juli 1926 in Wien. Er stammt aus einer adeligen Familie. Der Name „Rast“ bezieht sich auf ein Stammschloss nahe des Wallfahrtsortes Maria Rast (Ruše, heutiges Slowenien). Er und seine zwei Brüder wurden im Geburtshaus in Hietzing getauft. Seinen Vater beschreibt er in einer Dokumentation* als „streng mit einem weichen Herzen“, die Mutter als „starke Frau“, die von den Kindern „Löwenmutter“ genannt wurde. Nach dem Krieg und dem Abschluss seiner Studien Kunst, Psychologie und Anthropologie in Wien ging David Steindl-Rast 1952 in die USA, wohin seine Familie Jahre zuvor auswanderte. In Elmira, im US-Bundesstaat New York, trat er 1953 ins Benediktinerkloster „Mount Saviour“ ein, das zu seinem Heimatkloster wurde. Damals war es eine alte Scheune. Dort fand David Steindl-Rast seine innere Berufung, die er lange vorher schon spürte: Er konnte nach der ursprünglichen, weithin Brücken bildenden benediktinischen Spiritualität in einer Gemeinschaft leben, die sich auf Augenhöhe begegnet. In Folge erkundete er im Rahmen des interreligiösen Dialogs auch nicht-christliche spirituelle Wege, blieb jedoch immer verwurzelt in der eigenen Religion. Seit 1966 gilt er als interreligiöser Brückenbauer. Im Jahr 1968 gründete der Benediktiner gemeinsam mit Rabbinern, Buddhisten, Hindus und Sufis in den USA das „Center for Spiritual Studies“. 1989 initiierte er zusammen mit dem Zen-Mönch Vanja Palmers im österreichischen Dienten am Hochkönig das „Haus der Stille“ Puregg (www.puregg.org), das bis heute Begegnungsstätte und Zentrum spiritueller Praxis und Besinnung ist. Seinem Netzwerk www.dankbar-leben.org haben sich Menschen aus aller Welt angeschlossen. Für sein Engagement im interreligiösen Dialog wurde David Steindl-Rast 1975 mit dem Martin-Buber Preis ausgezeichnet. Der Benediktiner, der einerseits immer wieder als Emerit lebt und andererseits auch als Vortragsreisender weltweit unterwegs war, hat viele Bücher verfasst, die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden. Eng verbunden ist David Steindl-Rast nicht nur mit seinem Heimatkloster „Mount Saviour“ in den USA, sondern auch mit dem Europakloster Gut Aich am Wolfgangsee und mit den Camaldoleser Benediktinern in Kalifornien.
* Dokumentation „Dem Geheimnis auf der Spur – Bruder David Steindl-Rast“ von Robert Neumüller
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Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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